Neurologische Spezialsprechstunden an der Kleintierklinik der TiHo

Seit gut zwei Jahren bietet die Kleintierklinik der Tierärztlichen Hochschule Hannover (TiHo) Spezialsprechstunden für Patienten mit Epilepsie und mit Demenz an, die von europäischen Spezialist:innen für Tierneurologie und Diplomates des European College of Veterinary Neurology geleitet werden. Das erfahrene Team in Hannover haben vor kurzem eine spezialisierte neurologische Sprechstunde installiert. JUST4VETS wollte von Prof. Dr. Holger Volk, Dr. Jasmin Nessler und Dr. Nina Meyerhoff wissen, wie die Spezialsprechstunden angenommen werden und welche Schlüsse die beiden Expert:innen ziehen.

Ich habe das Gefühl, dass seit der Gründung der Spezialsprechstunden für Hunde und Katzen, das Thema Demenz deutlich öfter auf Fachkongressen und auch in der Publikumspresse thematisiert wird...

Prof. Dr. Holger Volk: *Lacht* Es könnte gut sein, dass die Einführung von Spezialsprechstunden für Hunde und Katzen dazu beigetragen hat, das Bewusstsein für das Thema Demenz zu schärfen. Diese Sprechstunden bieten Tierhalter:innen die Möglichkeit, spezifische Fragen und Bedenken bezüglich des Verhaltens und der kognitiven Funktionen ihrer Haustiere anzusprechen. Dadurch wird sowohl in der Fachwelt als auch in der Öffentlichkeit ein größerer Fokus auf Demenz bei Haustieren gelegt. Wir betrachten dies als einen positiven Schritt, um die Früherkennung und das Management von demenziellen Erkrankungen bei unseren tierischen Freunden zu verbessern.

Und wie werden diese Sprechstunden von Halter:innen angenommen? Können Sie ein erstes Fazit ziehen?

Dr. Jasmin Nessler: Die Termine bei Frau Dr. Meyerhoff sind bereits für die nächsten Monate ausgebucht. Die Gelegenheit, sich ausführlich und in aller Ruhe mit einer Neurologin zu unterhalten, deren Leidenschaft auch dem Verhalten von Hunden gilt, wird von den Besitzer:innen sehr geschätzt.

Dr. Nina Meyerhoff: Definitiv, mein persönlicher Ansporn liegt darin, die Lebensqualität von Hunden und ihren Besitzer:innen zu verbessern. Viele Verhaltensänderungen, die mit einer Demenzerkrankung bei Haustieren einhergehen, können das Zusammenleben stark beeinflussen. Ob es nun nächtliche Unruhe und Schlaflosigkeit sind oder die Tatsache, dass ein älterer Hund plötzlich nicht mehr alleine zu Hause bleiben kann – das wirkt sich sowohl auf das Tier als auch auf die Halter:innen im Alltag aus. Mir ist es ein echtes Anliegen, hier wieder etwas Normalität in den Alltag zu bringen, und ich bin überzeugt, dass dies von allen Beteiligten sehr geschätzt wird.

Sie organisieren hier im Hause nicht nur Informationsabende und Fortbildungen für Hundehalter:innen, sondern auch für Fachpublikum. Wie reagieren die Tierärzt:innen auf Ihr Angebot?

Dr. Jasmin Nessler: Da die letzten Spuren der Corona-Pandemie und der Einschränkungen endlich verschwinden, sehnen sich alle nach persönlichem Austausch mit Kolleg:innen. Und wenn das Ganze auch noch mit Fort- und Weiterbildung kombiniert werden kann, ist das einfach perfekt. Wir freuen uns riesig über die große Resonanz unserer Kolleg:innen, die zahlreich zu unseren Fortbildungen kommen und die Plätze rasch belegen. Das zeigt uns, dass wir auf dem richtigen Weg sind!

Prof. Dr. Holger Volk: Absolut, es ist wirklich toll, unsere Kolleg:innen, mit denen wir normalerweise nur per E-Mail oder am Telefon kommunizieren, persönlich zu treffen und kennenzulernen. Gerade in den Pausen kommen oft die besten Ideen für Zusammenarbeit und lebhafte Diskussionen über gemeinsame Fälle auf. Das macht uns riesigen Spaß!

Jetzt bieten Sie außerdem neuroimmunologische Spezialsprechstunden an ...

Dr. Jasmin Nessler: Jetzt, wo meine Habilitation über immunvermittelte neurologische Erkrankungen bei Hunden und Katzen so langsam in die Zielgerade einbiegt, möchte ich gerne mein gesammeltes Wissen und meine Erfahrungen aus der Forschung und dem Klinikalltag zurückgeben. Deshalb hatte ich die Idee, eine spezielle Sprechstunde anzubieten, die sich vor allem mit verschiedenen entzündlichen Erkrankungen befasst, wie z.B. der Steroid-responsiven Meningitis-Arteritis (SRMA) oder der granulomatösen Meningoenzephalitis (GME) oder Kaumuskelmyositis aber auch mit Erkrankungen, die ähnliche Symptome zeigen, aber eine andere Therapie erfordern, wie z.B. die Diskospondylitis.

Mir liegt es einerseits am Herzen, meinen Kolleg:innen bei kniffligen Fällen zu helfen, sei es bei der Diagnosestellung oder bei der richtigen Einstellung der Medikamente. Andererseits möchte ich auch dafür sorgen, dass Patienten, die oft Langzeittherapien benötigen, so behandelt werden, dass sie möglichst wenige Nebenwirkungen erfahren, aber dennoch bestmöglich von der Behandlung profitieren.

Was würden Sie sich künftig von den überweisenden Kolleg:innen wünschen, um die Zusammenarbeit noch weiter zu verbessern?

Dr. Nina Meyerhoff: Unsere überweisenden Kolleg:innen leisten wirklich großartige Arbeit! Wir erhalten regelmäßig Mails oder Anrufe mit Voruntersuchungen, Röntgen- oder CT-Bildern sowie Blutwerten. Das ist eine enorme Hilfe, da wir dadurch Untersuchungen nicht wiederholen müssen und Veränderungen besser einschätzen können. Wir schätzen diese Zusammenarbeit wirklich sehr und möchten sie gerne weiter verbessern. Dazu wäre es hilfreich, wenn sie uns noch detailliertere Informationen über den Fall bereitstellen könnten, wie zum Beispiel die Vorgeschichte, bereits durchgeführte Untersuchungen und frühere Therapien. Je besser wir informiert sind, desto effektiver können wir unsere diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen planen

Dr. Jasmin Nessler: Absolut, das ist richtig. Die Besitzer:innen kommen oft schon mit sehr guten Differentialdiagnosen oder einer Liste von Erkrankungen, die aufgrund der Voruntersuchungen bereits ausgeschlossen wurden. Das ist wirklich extrem hilfreich, da wir so gezielt die nächsten Schritte mit den Besitzer:innen besprechen können. Nach der Entlassung unserer Patienten bemühen wir uns immer darum, unsere Befunde klar und zeitnah an die überweisenden Haustierärzt:innen zu übermitteln. Leider läuft das nicht immer reibungslos, vor allem wenn die Halter:innen der Weitergabe der Befunde nicht zustimmen. Zum Glück passiert das eher selten, aber es kann uns gelegentlich vor Herausforderungen stellen. Hier wäre es hilfreich, wenn die überweisenden Kolleg:innen die Besitzer:innen explizit darauf hinweisen könnten, dass die Befunde für die weitere Behandlung wichtig sind und die Einwilligung zur Weitergabe der Informationen in die Datenschutzerklärung gegeben werden sollte.

Außerdem ist ein offener und regelmäßiger Austausch über den Verlauf des Falls von großer Bedeutung, um eine kontinuierliche Betreuung des Patienten sicherzustellen. Wir sind immer offen für Feedback und Anregungen, wie wir unsere Zusammenarbeit weiter verbessern können, um das Wohl unserer tierischen Patienten gemeinsam zu fördern.

Werden Sie Ihr Angebot in Zukunft noch weiter ausbauen? Was haben Sie geplant?

Prof. Dr. Holger Volk: Wir sind stets bestrebt, unser Angebot kontinuierlich zu verbessern und den Bedürfnissen unserer Patienten und deren Besitzer:innen gerecht zu werden. In Zukunft planen wir, unsere Dienstleistungen weiter auszubauen, um eine noch umfassendere Versorgung zu gewährleisten. Dabei setzen wir auf bewährte Methoden und auf innovative Ansätze, die auf dem neuesten Stand der Wissenschaft basieren, wenn nötig. Konkrete Pläne umfassen beispielsweise die Einführung von Dialyse zur Therapie von Nierenerkrankungen, das vermehrte Angebot von Hypophsektomien und die Ausweitung der Verhaltensmedizin.

Wir möchten sicherstellen, dass unsere Klinik nicht nur als verlässlicher Partner wahrgenommen wird, sondern auch als Vorreiter in der Tiermedizin, der stets bestrebt ist, neue Wege zu gehen, um die Gesundheit und das Wohlbefinden unserer tierischen Patienten zu verbessern.

Ich bedanke mich sehr für Ihre spannenden Ausführungen und hoffe, dass wir in Zukunft noch Einiges von Ihnen hören und lesen können.