Praxisreportage: "Volle Konzentration auf Meerschweinchen, Kaninchen und Exoten"
In fünf Prozent der deutschen Haushalte leben ca. fünf Millionen Heimtiere wie Kaninchen, Meerschweinchen, Hamster, Ratten und Mäuse. "In der Schweiz sind es gut 500.000", erklärt Tierarzt Samuel Frei, der im Herbst 2021 in der Kleinstadt Adliswil am Zürichsee, das Zentrum für Heim- und Zootiermedizin eröffnete. "Ich wollte nach meiner Zeit in der Klinik für Zoo-, Heim- und Wildtiere an der UZH wieder mehr mit Menschen arbeiten und habe mich für die Praxis und gegen die Forschung entschieden", erklärt der Tierarzt, der sich, wie er sagt, sich schon immer für die Kleinsäuger und Exoten interessiert hatte und mit diesem Interessengebiet der Einzige in seinem Semester war.
Samuel Frei lebt und liebt seinen Beruf. Er hat mit seiner Frau, der Tierärztin Kate Hagen-Frei, die ebenfalls über einen breiten Erfahrungsschatz aus der Zootier- und Exotenmedizin verfügt und darüber hinaus eine berufliche Schwäche für Fische und andere Meeresbewohner hat, die Praxis gegründet. Kate Hagen-Frei übernimmt hier regelmäßig Dienste und springt ein, wenn Not am Mann, bzw. an der Frau herrscht. Darüber hinaus hat sie sich im Wartebereich der Praxis "ausgetobt", in dem sie "wunderschöne und nachhaltige Alltagsprodukte" präsentiert, die auch im Praxisshop käuflich zu erwerben sind. "Die Produkte kommen bei den Kund:innen sehr gut an und verleihen der Praxis eine Wohlfühlatmosphäre", freut sich der Tierarzt.
Praxisgründung mit großer Portion Mut
Im Vorfeld hat die beiden jedoch kein einziger zu der Idee geraten, eine auf Kleinsäuger spezialisierte Tierarztpraxis zu eröffnet. Zu groß sei das Risiko, Katzen und Hunde als Patienten und damit sicherer Umsatzbringer auszuschließen. Dass die beiden sich trotz aller Bedenkenträger:innen zu diesem Entschluss entschieden haben, liegt einerseits am Interesse an diesen besonderen Tieren und andererseits an den Erfahrungen, die Samuel Frei im Rahmen seiner Residency am UC Davis Veterinary Medical Teaching Hospital gemacht hat. "Dort war man, was Qualität der Medizin und Einstellung zu den Kleinsäugern anbetraf, Lichtjahre voraus", resümiert der Tierarzt. "Zudem habe ich gelernt, Ideen in die Tat umzusetzen und schlimmstenfalls zu scheitern!" Bei der Suche hatte das Tierärztepaar Frei Glück, als sie die 120 Quadratmeter ehemalige Humanpraxis in Adliswil fanden. Im früheren Röntgenraum steht heute der CT, außerdem gibt es einen Untersuchungsraum, einen OP mit Vorbereitungsraum, den Empfangs- und den Wartebereich. Das Ehepaar hat besonderen Wert auf das technische Equipment gelegt, das neben dem Computertomographen aus einem Röntgen- und einem Ultraschallgerät, sowie einer Endoskop-Komplettanlage besteht. Die Möbel und die sonstige Einrichtung wurden im schwedischen Möbelhaus gekauft. In der Praxis arbeitet Frei Tag für Tag mit Velia und Delia, den beiden Tiermedizinischen Praxisassistentinnen, zusammen, von denen er in höchsten Tönen spricht und sie als "zwei absolute Volltreffer" beschreibt. Der Jungunternehmer hatte ganz gezielt nach Helfer:innen gesucht, die zwar Praxiserfahrung mitbringen, bisher jedoch wenig mit Exoten gearbeitet haben. "Es ging mir darum, dass hier ganz neue Arbeitsabläufe erlernt und etabliert werden sollten und keine Kraft auf die Umerziehung alter, einstudierter und nicht mehr zeitgemäßer Arbeitsschritte gelegt werden", erklärt der Tierarzt, der extrem froh ist, dass seine beiden Mitarbeiterinnen mit viel Experimentierfreude und einer großen Portion Tierliebe am Werk sind.
Menschen, die in seine Praxis kommen, wissen, dass bei EXOTICUS qualitativ sehr gute Tiermedizin angeboten wird, die zweifelsohne auf dem Niveau der Exotenklinik an der UZH liegt."
Tiermedizin auf Topniveau
Menschen, die in seine Praxis kommen, wissen, dass bei EXOTICUS qualitativ sehr gute Tiermedizin angeboten wird, die zweifelsohne auf dem Niveau der Exotenklinik an der UZH liegt. Das wissen auch Tierhalter:innen wie die Besitzerin eines Hahns, der aufgrund seiner
Verdauungsprobleme operiert werden muss. Das stolze Tier wird narkotisiert,
der Kropf aufgeschnitten und der Inhalt in der Hoffnung entnommen, dass
die gefressenen Steine der Grund allen Übels sind. Kosten spielen hierbei
keine Rolle, Hauptsache dem Vogel wird geholfen - das ist die
Einstellung der Kundin. Natürlich kann das EXOTICUS-Team helfen, und schon am Abend fahren Mensch und Hahn zufrieden nach Hause.
Heimtiere werden zu vollwertigen Familienmitgliedern
Kaninchen, Meerschweinchen und Exoten nehmen einen festen Platz in den Familien ihrer Besitzer:innen ein, die ihren Tieren die beste Versorgung zukommen lassen wollen. Fachtierärzt:innen wie Samuel Frei gibt es im deutschsprachigem Raum nicht allzu viele, und demensprechend nehmen die Besitzer:innen viele hundert Kilometer Anfahrt in Kauf, um sich die beste medizinische Versorgung zu sichern. "Nur weil der Patient ein Kaninchen oder ein Vogel ist, heißt das nicht, dass man schlechte Medizin betreiben muss", erzählt der Tierarzt, der medizinisch alles anbietet, was bei Hunden und Katzen auch angewendet wird. "Die Zahnbehandlung eines Kaninchens kostet dann auch schon einmal 500 Franken", erklärt Samuel Frei, der jedoch nicht immer 100 % seiner Arbeit auch in Rechnung stellen kann und will. "Ich taste mich Schritt für Schritt an eine für alle Seiten annehmbare Abrechnung heran, vor allem, da es in der Schweiz keine Gebührenordnung wie im Nachbarland Deutschland gibt". Als Beispiel nennt er seinen CT, den er gerne und oft zu diagnostischen Zwecken einsetzt, wenn es medizinisch ratsam ist. "Wir wissen über manche Spezies noch viel zu wenig und müssen Tiere behandeln, um stetig mehr über diese Tiere zu lernen", erklärt der leidenschaftliche Tierarzt, der sich jedoch bewusst ist, dass eine CT-Untersuchung zum Beispiel bei einem Hamster noh nicht voll abgerechnet werden kann. Grundsätzlich finde er, dass medizinsiche Untersuchungen für alle Tiere gleich professionel und dadurch auch gleich teuer sein sollten. Die Halter:innen sollten die finanzielle Verantwortung für die Tiere übernehmen, egal wie teuer diese in der Anschaffug sind. "Heute sind wir noch nicht so weit, aber in Zukunft wird es hoffentlich möglich sein, eine 1000 Euro teure Behandlung für einen Hamster, ein Kaninchen oder ein Meerschweinchen durchzuführen", resümiert der Tierarzt.
Zusammenarbeit mit Haustierärzt:innen der Umgebung
Der
junge Tierarzt kann sich über zu wenig Arbeit absolut nicht beklagen.
Er sagt, es hätte sich in der Umgebung schnell herumgesprochen, dass er
eine kleine, spezialisierte Praxis am Zürichsee eröffnet hatte, die
auch noch mit einem CT ausgestattet sei. Viele der in der Umgebung
niedergelassenen Tierärzt:innen waren scheinbar froh, dass sie in der
Coronazeit, in der auch in der Schweiz die Haustierzahlen in die Höhe
schnellten, einen Teil ihrer Patienten an den Spezialisten überweisen konnten. "Ich glaube,
dass die Kolleg:innen froh sind, dass wir keine Katzen und Hunde
behandeln, sondern uns auf die Tiere spezialisieren, die ansonsten die
absolute Ausnahme in der Tierarztpraxis bilden", so Frei. "Und so sind
wir eine Ergänzung und keine Konkurrenz!" Gerne stehen Samuel Frei und
sein Team für Überweisungen zur Verfügung, führen spezielle
Untersuchungen durch, setzen natürlich auch den Computertomographen ein
und führen chirurgische Eingriffe bei Heim- und Zootieren durch. Eine
gute Zusammenarbeit ist dem Spezialisten extrem wichtig, der den
Haustierärzt:innen einen schriftlichen Bericht mit weitergehenden
Behandlungsempfehlungen zukommen lässt.
Ich glaube, dass die Kolleg:innen froh sind, dass wir keine Katzen und Hunde behandeln, sondern uns auf die Tiere spezialisieren, die ansonsten die absolute Ausnahme in der Tierarztpraxis bilden."
Projekt: EXOTICUS 2.0
Und das kommt sehr gut an in der tierärztlichen Nachbarschaft, denn die Überweisungen nehmen täglich zu. Noch kann das kleine Praxisteam dem Ansturm standhalten, doch weiß der Praxigründer, dass er sich in absehbarer Zeit nach weiteren Tierärzt:innen Ausschau halten muss, was sicherlich einerseits bei dem Fachkräftemangel und andererseits bei der tiermedizinischen Spezialisierung nicht einfach sein wird. Frei lässt sich davon jedoch nicht irritieren, der bereits jetzt schon mit EXOTICUS 2.0 vom nächsten Entwicklungsschritt träumt. Der Unternehmer, dessen Mietvertrag für die Immobilie in drei Jahren ausläuft, will jetzt die Erfahrungen, die ins kommende Praxisprojekt mit einfließen werden.
Drei Fragen der Chefredaktion an Exoticus-Gründer Dr. Samuel Frei
Die Chefredakteurin des Fachmagazins KLEINE HEIMTIERE, hat mir zusätzlich noch einige Fragen diktiert, die ich Samual Frei unbedingt stellen sollte.
Anna Draschka: Welche Untersuchungen gehören für Euch zu jeder Kaninchen-Konsultation dazu? Was empfehlt Ihr den Besitzer:innen?
Samuel Frei: Die komplette klinische Untersuchung inkl. Temperatur ist immer dabei. Bei Routineuntersuchungen empfehlen wir sicher ab und zu auch Blutuntersuchung, vor allem bei älteren Tieren. Röntgen machen wir meistens nur nach Indikation. Kotuntersuchungen laufen bei uns vor allem bei Reptilien und Vögeln routinemäßig. Bei Kaninchen und Nagetieren untersuchen wir den Kot nur bei Durchfall, bzw. Magen-Darm-Beschwerden. Bei Kaninchen gibt es vor der Impfung eine Allgemeine Untersuchung ohne weitere Tests.
Anna Draschka:
Führt Ihr auch Wachscans in Eurem CBCT durch? Bei welchen Indikationen?
Samuel Frei: Wachscans führen wir nur bei Reptilien durch. CBCTs sind von Natur aus sehr anfällig für Bewegungsartefakte, und Reptilien sind die einzigen, die im Wachzustand wirklich stillhalten. CT vom Schädel bei Kaninchen ist unmöglich, außer man ist mit einer sehr schlechten Auflösung zufrieden. Das macht dann aber nicht viel Sinn, da der Vorteil vom CBCT die bessere Auflösung im Gegensatz zum herkömmlichen CT ist.
Anna Draschka: Empfehlt Ihr die prophylaktische Kastration von weiblichen Kaninchen? In welchem Alter?
Samuel Frei: Ja, empfehlen wir. Meistens zwischen 4-6 Monaten. Da wir aber immer eine OHE machen, kann man die Tiere auch gut erst etwas später kastrieren. Junge Tiere sind aber noch nicht so dick, so dass die OP dann etwas schneller geht.