MOTIVATION. Was bewegt den homo sapiens z.B. bei der Arbeit?
Motivation kommt von movere - bewegen.
Der US-Professor Abraham Maslow (1908-1970) versuchte, sein spezielles Menschenbild vom Typ des geschäftigen Millionenstädters ins Gespräch zu bringen. Mit seiner eilig beworbenen „Bedürfnis-Pyramide“ schaffte er es schnell in die Medien. Er hatte fünf Bedürfnisgruppen in unterschiedliche Wertigkeiten eingeordnet. Erst wenn Bedürfnisse der niedrigeren Ebenen befriedigt seien (z.B. Grundbedürfnis nach Nahrung und Schlaf), könnten nach Maslow die Bedürfnisse höherer Ebene Vorrang bekommen. Als Pyramiden-Spitze galt ihm die Selbstverwirklichung.
Zugespitzt: erst müssten also Grund- und Individualbedürfnisse (Wohnung, menschliche Zuwendung, „Freiheit“ etc.) gesättigt sein, bevor sichere Arbeitsleistung erwartet werden darf? Die Wahrheit: Zähneputzen und Zimmeraufräumen bleiben unverzichtbar – ganz unabhängig vom aktuellen Befriedigungsniveau.
Für die M-Pyramide ist viel Reklame gemacht worden. Ehrlicher wäre gewesen, die Väter des Gedankens nicht nur zu nennen, sondern auch zu zitieren (z.B. die Rhein-Anrainer C.G. Jung oder Alfred Adler). Maslow jedenfalls brachte eine wahre Mure von Gleichgesinnten, Zitathungrigen und Privatgelehrten in Bewegung. Schade: Für Vorgesetzte, Chef:innen und überhaupt Arbeitgeber:innen ist kein nutzbarer Rat dabei. Denn für sein Lebensglück bleibt der Mitarbeitende selber zuständig und verantwortlich.
Die gute Nachricht: wer die Suche nach wirklich Verwertbarem lange genug fortsetzt, wird am Ende noch fündig. Längst ist belegt, was Arbeitende in Bewegung setzt (motiviert) und auch, was deren Leistung bremst – oder schlimmstenfalls die „innere Emigration“ auslöst.
Einige Beispiele dazu:
Punkt 1. Angemessener Arbeitsplatz.
Der angemessene Arbeitsplatz mit solider Ausstattung in einem hellen Raum ist die Voraussetzung. Eigentlich selbstverständlich? Warum muss es dann dafür ausführliche Arbeitsschutzbestimmungen geben? Es gibt nicht wenige Ausnahmen. Und dabei sind Arbeitsplatzmängel leicht nachzuvollziehen. Wer könnte in einer Arbeitszelle im Souterrain der Schlummer- oder Spielversuchung auf Dauer widerstehen?
Punkt 2. Arbeitsmittel.
Das Angebot an Arbeitsmitteln (PC-Technik, Formulare, Lexika, Werkzeug, Instrumente …) sollte ausreichen und zum Arbeitsablauf passen. Damit zeigen die Chef:innen, dass eine solide Arbeitsleistung erwartet wird. Trotzdem: Wie viele veraltete Drucker haben schon in Situationen höchster Eile für Ärger und Zank gesorgt? Der Ausredenklassiker: „Unseren Kund:innen versprechen wir das Beste, für uns selber reicht schon zweite Wahl!“ ist geläufig. Auch Sportler:innen haben das Fazit bestimmt noch in Erinnerung: Der Laufschuh kann mal als Ruine für einen Trainingstag reichen. Aber für mehrere Trainingsmonate Vorbereitung auf eine Meisterschaft? Undenkbar.
Punkt 3. Verlässliche Leitung.
Das ist leichter als es klingt und wirkt unmittelbar!! Chef:innen, die Orientierung bieten, Leistung anerkennen und hilfen, besser zu werden. Die ansprechbar sind und sich bei Schwierigkeiten schützend vor seine Kolleg:innen stellt. Die sind Gold wert, die Fluktuation wird signifikant geringer (Leitungsmängel können Schaden anrichten: „Für sowas fehlt die Zeit!“, oder „Die Leute müssen allein laufen. Dafür werden sie schließlich bezahlt.“ Solche flotten Sprüche sollen Chef:innen-Allüren und Realitätsverweigerung übertünchen. Mitarbeitenden ist egal, wie die schlechte Laune, die häufige Abwesenheit oder das chaotische Entscheidungs-Verhalten ihrer Chef:innen begründet sind. Sie interpretieren kurz und bündig: „Auf meinen Vorgesetzten kann ich nicht zählen“. Die häufigste Folge ist Dienst nach Vorschrift.)
Punkt 4. Aufgaben mit aktivierenden Schwierigkeitsgraden.
Aufgaben mit aktivierenden Schwierigkeitsgraden wirken emotional und kognitiv anregend. Das belebt die begleitenden Gedanken und Assoziationen. Sie werden als Kontrastprogramm zu den wiederkehrenden Aufgaben wahrgenommen. Belastungen durch Routinen und Sinnfragen sind durchaus keine Seltenheit. Das Erlebnis von Lernerfolgen ist ein hochwirksamer „Treiber“. Gespräche mit übergeordneten Chef:innen werden zusätzlich als starke Anregung zur Leistungssteigerung wahrgenommen.
Punkt 5. Wirkungsnachweise und Bestätigung.
Der Idealfall sind Dank und Lob von Vorgesetzten wie auch von Kolleg:innen: „Vielen Dank Frau L., dass Sie auf die Beschwerde von Z. so schnell und professionell reagiert haben. Die Sache ist heute glücklich vom Tisch. Z. konnte durch Ihre Erklärungen sehr gut nachvollziehen, warum wir seinen Terrier so und nicht anders behandelt haben. Er hat sich sogar bedankt.“ Dank verschmilzt zu einer positiven Erwartung des weiteren Verlaufs. Frau L. freut sich. Sie hatte Erfolg, fühlt sich wertgeschätzt und wird sich deshalb bei nächster Gelegenheit wieder engagiert und entschlossen verhalten.
Punkt 6. Angemessene Zuwendung.
Im Arbeitsverhältnis meist vergessen oder sogar verdrängt: Verständnis-Äußerungen, „Mitleiden“ und Hilfsbereitschaft treten abgekürzt oft als Kameradschafts-, Mitstreiter- oder Meister-Du in Erscheinung (Deutlich zu unterscheiden von Kumpelei!). Die wirksamste Zuwendung ist seit der ersten diesbezüglichen Arbeit (ca. 1959) das Interesse an der Arbeitsleistung
der Arbeitsplatznachbar:innen.