DGVD '24 - "Tierdermatologie & Kommunikation"

„Reden ist Silber, gekonnte Kommunikation hingegen Gold“

Alle Facetten der Tierdermatologie umfassen – vom Fachwissen bis zur Fähigkeit, dieses ideal zu vermitteln: Die Deutsche Gesellschaft für Veterinärdermatologie lädt zu ihrer 24. Jahrestagung unter dem Motto „DGVD goes wild“ein! Vom 07.-09. Juni 2024 findet der Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft für Veterinärdermatologie (DGVD) in der Schwabenlandhalle Fellbach in Stuttgart statt. Es werden sich rund 500 Tierärzt:innen und TFAs zum Austausch über die aktuellsten Themen wie auch der häufigsten Präsentationsgründe für Patienten in der Tierdermatologie austauschen. Die Tagungspräsidenten, Dr. Teresa Böhm und Dr. Christoph Klinger, doppelt-geboardete Diplomates der europäischen (ECVD) als auch des amerikanischen Colleges für Veterinärdermatologie (ACVD), sind sehr stolz darauf, dass es die bislang größte deutschsprachige Veterinärdermatologietagung werden wird. Dr. Teresa Böhm und Dr. Christoph Klinger freuen sich schon sehr auf Ihre Teilnahme an diesem faszinierenden, aufschlussreichen und vielfältigen Kongress. Weitere Informationen sind auf www.dgvd.org sowie Facebook und Instagram verfügbar.

Natürlich liegt ein großer Fokus des Kongresses darauf, häufige und oft recht problematische Hautprobleme praxisnah zu behandeln und diese Themen fundiert, strukturiert und alltagstauglich zu vermitteln. Aber nicht nur das reine Fachwissen ist ein wichtiger Punkt in der modernen Tiermedizin. Auch andere Punkte, wie z.B. das psychologische Wohl der Patienten werden immer substanzieller. Doch all das Wissen hilft nur begrenzt, wenn dieses nicht ideal bei den Tierbesitzer:innen ankommen kann. Die Fähigkeit, wirklich gut zu kommunizieren ist ein wertvolles und mächtiges Werkzeug für Mediziner aller Art und Spezies und die Wichtigkeit dieses Elements in der täglichen Praxis kann nicht hoch genug betont werden.

Und auch aus diesem Grund sind die Tagungspräsidenten des DGVD-Kongresses 2024 sehr glücklich, eine absolute Expertin für dieses Thema als Referentin gewonnen zu haben: Ellen Preussing (Wirtschaftspsychologin & Kommunikationstrainerin (CSF, IHK, ECPM) ist selbst Tierärztin, hat sich aber genau auf dieses mehr als wichtige Arbeitstool, die Kommunikation, spezialisiert und wird beim Kongress je ein Kommunikationstraining für Tiermedizinische Fachangestellte als auch für Tierärzt:innen anbieten. Sie weiß nur zu gut über die weitreichenden Erfolge, die man mit den richtigen „Soft Skills“ erreichen kann.

Soft Skills in der Tiermedizin: Die Bedeutung proaktiver Kommunikation und Konfliktmanagement für Tierärzt:innen und TFAs

Die Tiermedizin ist eine hoch spezialisierte und anspruchsvolle Branche, in der Fachwissen und technische Fähigkeiten unerlässlich sind, wie klar an diesem DGVD-Fachkongress zu sehen ist. Tierärzt:innen stellen Diagnosen zu dermatologischer Symptomatik bei verschiedenen Tierarten. Sie erstellen Behandlungspläne und führen gegebenenfalls chirurgische Eingriffe durch. Dies erfordert zweifellos ein fundiertes medizinisches Wissen und technisches Können. Ebenso bringen die TFAs ihr Fachwissen und wertvolle praktische Erfahrungen mit ein.

Doch die Arbeit in der heutigen tierärztlichen, dermatologischen Praxis erfordert weit mehr als nur medizinisches Fachwissen und technische Fertigkeiten. Um erfolgreich in der tierärztlichen Praxis zu agieren, sind Soft Skills von entscheidender Bedeutung. Diese sozialen und zwischenmenschlichen Fähigkeiten sind oft der Schlüssel, um sowohl mit Tierhalter:innen als auch innerhalb des Praxisteams effektiv zu kommunizieren. Patientenbesitzer:innen sind teilweise nicht dazu in der Lage, die für die Anamnese wichtigen Fakten und Angaben herauszufiltern und chronologisch oder nach Priorität zu sortieren. Somit ist es hilfreich, wenn Tierärzt:innen als auch TFAs bewusst kommunikative Techniken einsetzen, um mit Tierhalter:innen konstruktiv zu interagieren und dadurch rascher relevante Informationen ermitteln. Da neben den geliebten Haustieren auch Ängste, Sorgen und Erwartungen mit in die Praxis gebracht werden, können auch hier gute Soft Skills das Leben zu erleichtern.

Es geht darum, einige Ideen zu vermitteln, Lust auf mehr zu machen, und somit einen wichtigen Beitrag zum Ausbau dieser Qualifikationen zu legen. Dies kann, bei konsequenter Umsetzung, langfristig zu einer nachhaltigen Verbesserung des Praxisalltags führen."

Ellen Preussing, Tierärztin und Wirtschaftspsychologin & Kommunikationstrainerin

Die Bedeutung von Soft Skills in der tierärztlichen Praxis

  1. Kommunikation mit Tierhalter:innen: Ein Großteil der Arbeit in der Tiermedizin beinhaltet die Interaktion mit Tierhalter:innen. Ich vergleiche die emotionalen Komponenten gern mit dem Umgang mit einem Familienmitglied, bis hin zu einem Kind. Tierärzt:innen müssen dazu in der Lage sein, medizinische Informationen verständlich zu vermitteln, Fragen zu beantworten und Empathie für die Sorgen der Tierhalter:in zu zeigen. Dies fördert das Vertrauen und die Zusammenarbeit zwischen Tierhalter:innen und dem medizinischen Team.
  2. Teamarbeit: Tierärztliche dermatologische Praxen sind oft hektische Umgebungen, in denen Tierärzt:innen, TFAs und Verwaltungspersonal zusammenarbeiten. Aufgrund der unterschiedlichen Aufgabenbereiche, Persönlichkeiten, Werte und nicht zuletzt auch Erwartungshaltungen ist gute Kommunikation und Klarheit entscheidend, um effektiv im Team zu arbeiten, Aufgaben zu koordinieren und Konflikte zu minimieren oder konstruktiv zu lösen.
  3. Krisenmanagement: Es können jederzeit medizinische Notfälle und unerwartete Komplikationen auftreten. Tierärzt:innen und TFAs sollten in der Lage sein, ruhig zu bleiben, effektiv zu kommunizieren und schnelle Entscheidungen zu treffen. Unklare Verantwortungsbereiche oder Schuldzuweisungen können die Situation erschweren und sind daher unerwünscht. Mit klaren Strukturen und Kommunikation kann jede dieser Situationen auch eine Gelegenheit zur Ausbildung unerfahrenerer Kolleg:innen darstellen. Alle können auch von einem guten Fehlermanagement profitieren.
  4. Konfliktlösung: Konflikte können in jeder Arbeitsumgebung auftreten, und tierärztliche Praxen sind keine Ausnahme. Konflikte zwischen Teammitgliedern und auch mit Tierhalter:innen können die Produktivität beeinträchtigen und die Arbeitsatmosphäre negativ beeinflussen. Soft Skills im Rahmen der Konfliktlösung und Deeskalation sind entscheidend, um aufkommende Herausforderungen erfolgreich zu bewältigen.
  5. Tierwohl: Letztendlich ist in der Tiermedizin der Dreh- und Angelpunkt das Wohl der Tiere. Soft Skills wie Empathie und Mitgefühl sind von entscheidender Bedeutung, um sicherzustellen, dass die Bedürfnisse der Tiere stets im Mittelpunkt stehen. Wie alles, ist es aber auch hier eine Frage der Dosis. Ein gesundes Gleichgewicht zwischen Mitgefühl und Abgrenzung hilft, die mentale Gesundheit aufrechtzuerhalten.

Proaktive Kommunikation in der Tiermedizin

Proaktive Kommunikation ist eine der wichtigsten Soft Skills, die Tierärzt:innen und TFAs beherrschen sollten. Dieser Ansatz zielt darauf ab, dysfunktionale Konflikte und Missverständnisse von vornherein zu vermeiden, indem klare und effektive Kommunikation gefördert wird. Hier sind einige Schlüsselaspekte proaktiver Kommunikation in der tierärztlichen Praxis:

  1. Klare Informationen: Tierärzt:innen müssen sicherstellen, dass Tierhalter:innen klare und verständliche Informationen über den Gesundheitszustand ihrer Tiere erhalten. Dies beinhaltet die Erklärung von Diagnosen, Behandlungsoptionen, Medikamentenverabreichung und Pflegeanweisungen. Ein guter Informationsfluss ist selbstverständlich ebenfalls im Umgang mit den Teamkolleg:innen relevant.
  2. Aktives Zuhören: Aktives Zuhören ist ein wesentlicher Bestandteil der proaktiven Kommunikation. Tierärzt:innen als auch TFAs sollten aufmerksam auf die Anliegen der Tierhalter:innen hören, um potenzielle Missverständnisse frühzeitig zu erkennen, und sicherzustellen, dass die Sorgen und Bedenken der Tierhalter:innen ernst genommen werden. Zum aktiven Zuhören und guter Kommunikation gehört es auch, je nach Situation angemessene Fragen zu stellen und den Antworten gut zuzuhören, um gegebenenfalls weitere vertiefende Fragen zu stellen. Dies kann dabei helfen, dass sich die Parteien besser verstehen und die meisten Missverständnisse erst gar nicht aufkommen. Allerdings nur, wenn die Fragen nicht zum Eigennutz gestellt werden, sondern das Gegenüber dabei im Fokus bleibt. Sowohl das aktive Zuhören als auch Fragetechniken sind oft unterschätzte, wertvolle Werkzeuge der Kommunikation.
  3. Zeitmanagement: In einer Tierarztpraxis kommt es oft zu Zeitdruck. Es ist aber wichtig, ausreichend Zeit für die Kommunikation untereinander und mit Kund:innen einzuplanen. Dies ermöglicht es, Fragen zu beantworten und die Beziehung zu den Patientenbesitzer:innen zu stärken. Ich verstehe, dass dies oft weniger als hilfreich, sondern eher als eine Belastung und teils sogar als illusorisch empfunden wird. Aber aus Erfahrung kann ich sagen, dass die früh investierte Zeit einem viel Ärger ersparen kann. Denn ist es erst einmal zu Missverständnissen oder gar Konflikten gekommen, so kann der Zeit-, als auch der energetisch, emotionale Aufwand einen deutlich höheren Preis fordern. Lange und repetitive Gespräche mit hochkochenden Emotionen bis hin zu einem totalen Block im Umgang miteinander werden als Konsequenz als belastend empfunden und werden oft genug auch mit ins Privatleben, also in Diskussionen mit einer dritten Partei getragen. Wenn man also realistisch den Zeitaufwand für alle Konsequenzen zusammenaddiert, kann Zeit für ein frühzeitiges, klärendes Gespräch die am besten angelegte Zeit des Tages sein.
  4. Dokumentation: Die schriftliche Dokumentation von Diagnosen, Behandlungsplänen und Anweisungen ist entscheidend. Dies stellt sicher, dass sowohl das medizinische Team als auch die Tierhalter:innen klare Informationen haben und Missverständnisse vermieden werden. Generelle Anleitungen kosten zwar bei ihrer Erstellung viel Zeit, aber können gerade bei der Einarbeitung neuer Mitarbeiter:innen Gold wert sein, da sie viel Zeit einsparen können. Auch rechtliche Aspekte können damit im Nachhinein abgesichert werden.
  5. Empathie: Empathie ist ein Schlüsselaspekt proaktiver Kommunikation. Tierärzt:innen und TFAs sollten in der Lage sein, sich in die Tierhalter:innen zu versetzen und Verständnis für ihre emotionalen Bedürfnisse zu zeigen. Aber wie bereits beim Punkt des Tierwohls angesprochen, geht es um ein gesundes Gleichgewicht. Ich kann zum Beispiel das Verhalten einer Tierhalter:in, Kolleg:in oder Chef:in verstehen, ohne damit einverstanden zu sein. Empathie sollte auch nicht zu falsch verstandenem Verantwortungsgefühl führen und somit zu mehr Belastung, Zeit- und Energieaufwand.

Durch proaktive Kommunikation können Missverständnisse und Konflikte vermieden werden, und die Zusammenarbeit zwischen Tierhalter:innen und dem tiermedizinischen Team wird verbessert. Dies trägt dazu bei, dass die bestmögliche Versorgung der Tiere gewährleistet wird.