Jede Röntgenaufnahme, die nicht wiederholt werden muss, ist aktiver Strahlenschutz!

Kerstin v. Pückler, Nele Eley geb. Ondreka und Christiane Schorn sind hochqualifizierte Spezialistinnen für die Bildgebende Diagnostik in der Tiermedizin. Alle drei sind Fachtierärztinnen und Diplomates des European College of Diagnostic Imaging, eine international anerkannte Qualifikation, die in Deutschland nur rund 30 Tierärztinnen und Tierärzte vorweisen können. Die Kolleginnen sind fest in der praktischen Röntgendiagnostik und in der wissenschaftlichen Arbeit verankert. Und gleichzeitig engagieren Sie sich intensiv für den Strahlenschutz und nehmen jede Woche die amtlichen Prüfungen zur „Aktualisierung“ ab. Wir wollten von den Kolleginnen wissen, was ihnen an diesen Strahlenschutzschulungen so wichtig ist.

Ulrike Oslage: Kerstin und Nele, Ihr schult seit vielen Jahren zig Mal im Jahr Tierärztinnen und TFA in der Aktualisierung der Fachkunde bzw. Kenntnisse im Strahlenschutz. Durch Eure berufliche Arbeit seid Ihr national und international in den Fachgesellschaften aktiv, erstellt Gutachten, betreibt Forschung und seid wissenschaftlich am Puls der Zeit. Das sind spannende Aufgaben mit immer neuen Fragestellungen. Was treibt Euch an, die amtlichen Prüfungen, die mitunter auch als „trockene Pflichtübung“ gefürchtet werden, so groß auf Eure Fahnen zu schreiben?

Kerstin v. Pückler: Absolut – die Bildgebung ist ein faszinierendes Fachgebiet! Wir sind mit der bildgebenden Diagnostik praktisch in alle Bereiche der klinischen Medizin eingebunden, in die Chirurgie, die Innere Medizin, die Notfallmedizin … bis hin zur Zuchthygiene. Auch technisch tut sich viel und immer neue diagnostische Möglichkeiten werden eröffnet. Allerdings – und damit komme ich auf Deine Frage – darf man bei aller Faszination für die Untersuchungsmöglichkeiten das Risiko, die Strahlenexposition, nicht aus den Augen verlieren. Und ein zweiter Ansporn kommt hinzu: als Hochschulangehörige ist Wissensvermittlung unsere Aufgabe und wir alle wissen, dass lebenslanges Lernen unabdingbar ist. Durch den regelmäßigen Kontakt mit den Kolleginnen und Kollegen in der Praxis können wir unseren Beitrag dazu leisten.

Nele Eley Ondreka: Unsere Motivation liegt in der Bedeutung, die wir dem Strahlenschutz in der tagtäglichen Praxis beimessen. Es geht nicht nur darum, gesetzliche Vorgaben zu erfüllen, sondern um die Verantwortung gegenüber den Tieren, den behandelnden Personen, den Tierbesitzer:innen und natürlich gegenüber sich selbst.

Die Anfertigung guter Bilder ist das A und O! Jedes Röntgenbild, das nicht wiederholt werden muss, ist aktiver Strahlenschutz."

Nele Eley geb. Ondreka, Kerstin v. Pückler und Christiane Schorn

Ulrike Oslage: Und trotzdem wäre der Zulauf zu Strahlenschutzfortbildungen wahrscheinlich nicht vergleichbar hoch, wenn es nicht doch „Pflichtkurse“ wären.

Kerstin v. Pückler: Das mag sein. Der Strahlenschutz wird oft als eher technisches und pflichtorientiertes Thema wahrgenommen, und viele würden sich wohl ohne die gesetzliche Vorgabe nicht so intensiv damit auseinandersetzen. Aber hier tritt auch ein Wandel ein. Die Praxen werden größer, die Teams wachsen und verändern sich, strahlenfreie Diagnoseverfahren wie etwa die Sonographie kommen vermehrt zum Einsatz, und unser Wissen aus wissenschaftlichen Studien erweitert sich stetig. Die Kolleginnen und Kollegen sind sich ihrer Verantwortung zunehmend bewusst.

Ulrike Oslage: Eure Kurse sind sehr praxisnah. Ihr gebt nicht nur viele Tipps für die Organisation der Röntgendiagnostik in der Praxis, sondern Ihr legt Euer Augenmerk auf die Erstellung guter Röntgenbilder.

Christiane Schorn: Die Anfertigung guter Bilder ist das A und O! Jedes Röntgenbild, das nicht wiederholt werden muss, ist aktiver Strahlenschutz. Um sichere Diagnosen stellen zu können, muss ich wissen, worauf es bei der Lagerung ankommt, ich muss richtig einschätzen, welche diagnostische Aussage ich erwarten kann und ich muss abwägen, welches bildgebende Verfahren am sinnvollsten ist. Nicht immer ist das Röntgenbild die richtige Entscheidung. Unser Ziel ist es, den Teilnehmer:innen die Relevanz und den praktischen Nutzen des Strahlenschutzes so zu vermitteln, dass sie ihn nicht als lästige Pflicht, sondern als wertvolles Werkzeug in ihrem Berufsalltag sehen.

Ulrike Oslage: Die Teleradiologie gewinnt immer mehr an Bedeutung, nicht jede Praxis legt noch einen Schwerpunkt auf die Bildgebung, die Expertise kann man sich inzwischen auch sehr gut ins Haus holen. Mit Eurem Portal VetRad seid Ihr mitten in diesem Prozess. Verlieren kleinere Praxen durch dieses Auslagern der Diagnostik ihr Wissen?

Nele Eley Ondreka: Nein, auf keinen Fall! Die Diagnostik wird ja nicht ausgelagert, sondern die Teleradiologie eröffnet die zusätzliche Möglichkeit des Fachaustausches und mehr Sicherheit in der Interpretation. Auch hierbei ist es uns wichtig, dass die Kolleg:innen aus den Befundungen für ihre Arbeit profitieren. Das Wichtigste, die Erstellung der Röntgenbilder, bleibt weiterhin in den Praxen. Und auch hier gilt: je besser das Bild, desto sicherer das Ergebnis. Die Bildgebende Diagnostik bleibt auch in Zukunft eine wichtige Säule für jede Praxis – auch mit Weiterentwicklung der Telemedizin.

Das Interview führte Dr. Ulrike Oslage, akademie.vet

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