CBCT in der Zahnheilkunde von Kleinsäugern

Die Zahnheilkunde der kleinen Heimtiere hat sich in den letzten Jahren steil entwickelt. Doch bei der unverzichtbaren Röntgendiagnostik stößt man bei den kleinsten Zahnpatienten schnell an Grenzen. Die klassischen Übersichtsaufnahmen für die Referenzlinien nach Böhmer/Crossley sind noch recht einfach durchzuführen, doch gibt es auch hier Limitationen in der Auswertung, insbesondere durch Überlagerung von Strukturen und aufgrund der gebogenen Zähne. Vergleicht man zwei- und dreidimensionale Aufnahmen der Bullae, wird die Aussagekraft der herkömmlichen Röntgendiagnostik sehr fragwürdig.

Um möglichst optimale Ergebnisse in der Zahndiagnostik mittels intraoraler Röntgenaufnahmen zu erlangen wurden viele kreative Ansätze entwickelt: speziell geformte Kaninchenplatten wurden von der Industrie entwickelt, einige Kolleg:innen schneiden die teuren Röntgen-Filme gar selbst zurecht, um sie in den kleinen Mäulchen zu lagern. Es werden unterschiedlichste Lagerungstechniken empfohlen, wie z.B. mit Hilfszügeln die Kiefer der Meerschweinchen auseinander zu ziehen. Der große Nachteil des intraoralen Röntgen ist, dass es ausschließlich in Narkose durchgeführt werden kann. Bei den meist kranken, inappetenten Heimtierpatienten ist hier mit einem deutlich erhöhten Narkoserisiko zu rechnen.

Die Erfüllung des Wunsches nach einer praktikablen Lösung scheint für viele Kolleg:innen zum Greifen nah: mit der dreidimensionalen, hochauflösenden, strahlungsarmen Röntgendiagnostik mittels Cone Beam Computertomographie (CBCT) = Digitale Volumentomographie (DVT). Ob in internationalen Heimtier-Publikationen, in Vorträgen auf Kongressen, in Beiträgen auf einschlägigen Kleinsäuger social media Plattformen oder in Gesprächen mit anderen Praktikern, kaum ein Thema scheint mehr zu beschäftigen.

Was ist ein CBCT (oder auch DVT = Digitaler Volumentomograph)?

Viele kennen diese Geräte zur dreidimensionalen Röntgendiagnostik aus der Humanmedizin, wo sie im Bereich der Zahnheilkunde bereits vor 20 Jahren etabliert wurden. Seit ungefähr 15 Jahren optimieren sie mit ihrer exakten Darstellung auch in der humanen MKG, HNO und Orthopädie sowie Unfallchirurgie die Diagnostik. In Tierarztpraxen mit Schwerpunkt Zahnheilkunde werden die CBCTs immer beliebter und auch in der Kleinsäuger-Medizin ist diese Diagnostik längst „evidence based“: nationale und internationale Praktiker:innen und Spezialist:innen führen diese Form der sekundenschnellen Diagnostik seit Jahren am wachen Patienten durch und empfehlen, die Kleinsäuger in Boxen oder Schalen sanft zu fixieren.

Was ist der Unterschied zum Spiral-CT?

1. Das Spiral-CT fährt mehrmals 360 Grad mit einem Dauerstrahl um den Patienten. Im CBCT fährt die Röntgenquelle mit ihrem gepulsten und kegelförmigen (cone) Röntgenstrahl einmalig 180- 360 Grad um einen definierten Objektbereich (region of interest, ROI), die Informationen werden von einem speziellen, hochauflösenden Flachdetektor aufgenommen.

2. Der höher auflösende Flachdetektor des CBCT resultiert in isotropen Voxeln, die im Vergleich zu dem meist weniger hochauflösenden Ringdetektor und den sich ergebenden anisotropen Voxeln des CT in der anschließenden Beurteilung Vorteile bieten. Während beim Spiral-CT Informationen in einem größeren, anisotropen Voxel zusammengefasst werden, liegen diese in einem Cone-Beam-CT in kleineren isotropen Voxeln vor, was weniger Projektionsverluste und damit mehr Detailreichtum gerade bei den kleinsten Strukturen durch geringere resultierende Schichtdicken zur Folge hat.

3. CBCTs emittieren im Vergleich zu konventionellen CTs deutlich weniger Strahlung. Beim SCS Vetseries gibt es hierzu zahlreiche Publikationen aus der Humanmedizin, die beweisen, dass die resultierende effektive Dosis im Vergleich zum Spiral-CT um bis zu 97 % reduziert vorliegt. Dies resultiert schon alleine durch das besser anpassbare FoV (Field of View – also der Bereich des Körpers, der untersucht werden soll). Die FoV lassen sich nativ (ohne Stiching), zwischen 4x4 cm und 29x17 cm einstellen und mit Stiching (dem Zusammenfügen von mehreren Volumen zu einem) sogar bis zu 85 cm. Welche FoVs verfügbar sind, unterscheidet sich jedoch stark vom Hersteller.

Neben den Zähnen können im Bereich HNO, der äußere Gehörgang, das Trommelfell und die Mittelohren mit Bullae, sowie Innenohren, außerdem Pathologien der Kiefergelenke oder auch der TNK und der Nase begutachtet werden."

Dr. Anna Draschka, Tierarztpraxis Hadern

Die Indikationen beim Kleinsäuger?

Neben den Zähnen können im Bereich HNO, der äußere Gehörgang, das Trommelfell und die Mittelohren mit Bullae, sowie Innenohren, außerdem Pathologien der Kiefergelenke oder auch der TNK und der Nase begutachtet werden. All dies Untersuchungen wären mit 2D-Röntgen und auch in einem konventionellen CT schwer bis gar nicht möglich. Natürlich können auch sämtliche anderen knöchernen Strukturen beim Kleinsäuger im CBCT dreidimensional und hochauflösend dargestellt werden. Weichteile lassen sich je nach Gerät unterschiedlich gut abbilden.

Unterscheiden sich die verfügbaren CBCT-Systeme in ihrer Bildqualität?

Hinsichtlich der oben angeführten Indikationen für die Zahnbehandlung bei Kleinsäugern, bieten alle Geräte eine hervorragende Auflösung und eine sehr gute 3D-Darstellungsmöglichkeit kleinster Strukturen. Es bestehen zwischen den Geräten Unterschiede in der Bildqualität - hier sollte sich jeder selbst einen Eindruck von der resultierenden Bildqualität verschaffen und sich nicht auf Angaben zur Auflösung oder Leistungswerten der verschiedenen, eingesetzten Röntgenquellen verlassen. Die Intelligenz des vom jeweiligen CBCT eingesetzten Rekonstruktionsalgorithmus ist damit sehr entscheidend. Diese Thematik gewinnt zudem an Wichtigkeit, wenn man die unvermeidbare Bewegung der Tiere (im geringsten Fall durch Atembewegung) berücksichtigt. Während Aufnahmen in Spiral-CTs teils im Bruchteil einer Sekunde erfolgen und damit Tierbewegungen kaum einen Einfluss haben, dauern CBCT-Aufnahmen mehrere Sekunden. Hier nimmt die vorliegende Intelligenz des im jeweiligen CBCT eingesetzten Rekonstruktionsalgorithmus einen wichtigen Platz in der Beeinflussung der resultierenden Bildqualität ein.

Welche weiteren Unterschiede gibt es bei den verfügbaren CBCTs?

Da CBCTs ein durchaus breites Einsatzspektrum besitzen, welches meist weit über die reine Zahndiagnostik beim Kleinsäuger hinausgeht, unterscheiden sich einige der oben angeführten Geräte stark untereinander. Zum Beispiel wurde das MyVetDCT ausschließlich für die Zahndiagnostik entwickelt und hat einen (nativen) FoV von 7x8 cm, während das 7G oder das Vimago Untersuchungen ganzer Wirbelsäulen oder Weichteildiagnostik auch größter Tiere zulässt. Die Geräte unterscheiden sich also sehr stark über die Bandbreite der zu untersuchenden Körperregionen und dadurch auch in der Abmessung der Geräte und im benötigten Platz für die Installation. Alle Geräte werden mit einphasigem Lichtstrom betrieben und benötigen keinen Starkstrom – trotzdem ist es wichtig, sich über die Voraussetzungen hinsichtlich der Hauselektrik vor einem Kaufentscheid zu informieren. Da die verschiedenen Geräte unterschiedliche Leistungen aufweisen (von 10 – 120mA und zwischen 70 und 120 kV Anodenspannung), ist auch die Planung des baulichen Strahlenschutzes durchaus unterschiedlich und im Vorfeld zu beachten. Unterschiede bestehen auch in der Bedienerfreundlichkeit und den technischen Möglichkeiten der verwendeten Software, wobei gerade dieses Thema sehr subjektiv szu betrachten ist und nach einer dementsprechenden Einarbeitungszeit jede angebotene Software gut verwendbar sein sollte. Ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal ist natürlich die notwendige Scandauer (mögliche Artefakte) und vor allem die Rekonstruktionszeit, die je nach Hersteller von 30 Sekunden bis hin zu mehreren Minuten variiert. Ein essenzielles Thema ist ein guter und vor allem schnell verfügbarer Service und Support, nicht nur durch eine persönliche Projektbetreuung zur Planung und Installation, sowie Unterstützung bei der Erlangung der entsprechenden Fachkunde, sondern auch ein Team aus fachkundigen Techniker:innen, die im laufenden Betrieb jederzeit erreichbar sind.

Nach neuer Gebührenordnung für Tierärzt:innen in Deutschland (GOT) muss ein CT-Scan bei einem Körperteil mindestens im einfachen Satz mit 350 Euro netto abgerechnet werden und kann pro Aufnahme je nach Aufwand auf bis zu 1.050 Euro gesteigert werden."

Dr. Anna Draschka, Tierarztpraxis Hadern

Welches CBCT ist „das Richtige“ für mich?

Das wohl wichtigste Entscheidungskriterium ist: wofür will und kann ich das Gerät einsetzen? Bin ich Spezialist:in und benötige 3D-Diagnostik ausschließlich für Zähne und kleine Heimtiere oder gibt es Orthopäd:innen oder Internist:innen im Team, die ganze Tiere (Hunde, Katzen oder gar größere Tiere) scannen und andere Organstrukturen, wie Wirbelsäulen, Gelenke, Lungen oder sogar Abdomen befunden möchten. Wieviel Platz habe ich für das Gerät, bzw. kann ich den Raum in meine Praxisabläufe gut integrieren? Welche Fallzahlen werden bei mir voraussichtlich auflaufen?

Was kostet ein CBCT in der Tiermedizin und rechnet sich das für mich?

Die Geräte kosten aktuell zwischen 70.000 und 250.000 Euro. Nach neuer Gebührenordnung für Tierärzt:innen in Deutschland (GOT) muss ein CT-Scan bei einem Körperteil mindestens im einfachen Satz mit 350 Euro netto abgerechnet werden und kann pro Aufnahme je nach Aufwand auf bis zu 1.050 Euro gesteigert werden. Das bedeutet, dass selbst das teuerste CBCT auch bei ausschließlicher Abrechnung des kleinsten Satzes einen break even point bei ca. vier Scans pro Woche hat.

Welche Voraussetzungen muss ich erfüllen?

Je nach Land und Bundesland, von normalem Röntgenschein in Österreich bis hin zur Fachkunde in der Computertomographie in einigen deutschen Bundesländern. Die Voraussetzungen des Strahlenschutzes müssen mit dem TÜV vor Ort abgeklärt werden - darum kümmern sich normalerweise die Lieferanten.

Erfahrungsberichte von Kolleg:innen

Wir haben seit knapp 2 Jahren ein CBCT (SCS Vetseries mit Romexis Software) und können uns ein Arbeiten mit den Kleinsäugern ohne 3D-Diagnostik nicht mehr vorstellen! Unkompliziert und schnell für uns, stress- und narkosefrei für unsere Patienten (der Rekonstruktionsalgorithmus ist spezifisch für Tierbewegung ausgelegt), haben wir innerhalb von Sekunden eine hochauflösende 3D-Bildgebung der Zähne und knöcherne Strukturen. Wir lieben an unserem Gerät, dass es so klein ist, finden die Software sehr intuitiv, die Auflösung der Scans super und den Service von SCS großartig. Dr. Anna Draschka und Dr. Laura Imhof, www.tierarzt-hadern.de

Dr. Nina Spyra arbeitet in ihrer Tierzahnärztlichen Spezialistenpraxis in Innsbruck seit 1,5 Jahren mit einem CBCT (Claris V von ICRro) und berichtet: "Das Claris hat mit eines der größten Volumen 20x20x20 cm mit einer frei wählbaren Auflösung von 150 bis 600 Mikrometer. Dementsprechend braucht es zwischen 3 und 12 Minuten vom Start des Scans bis zum Anschauen. Ich will es nicht mehr hergeben, weil es mir eome neue Dimension für die Befundung von komplizierten Strukturen wie Kleinsäugerzähnen aber auch wurzelkanalbehandelte Zähnen bei Hund und Katze liefert. Allerdings muss man für jede Menge Ohrenprobleme beim Kaninchen bereit sein. Ich gehe davon aus, dass in den nächsten Jahren noch ein großer Schritt in Richtung besserer Weichteildiagnostik erfolgen wird - und darauf freue ich mich. Dr. Nina Spyra, www.zahntierärztin-tirol.at

„Seit einigen Monaten haben wir unser NewTom 5G und sind absolut begeistert! Ohne CBCT wäre eine Diagnostik bei kleinen Heimtieren, v.a. bei Meerschweinchen abwärts, also besonders beim Degu, sehr viel ärmer und für mich als Zahnspezialist schlicht nicht mehr vorstellbar!“ Dr. Gerhard Biberauer, www.zahntierarzt.at

Dr. Ingo Blanke und sein Team im Kleintierzentrum Starnberg verwenden seit einem Jahr das Vimago GT30 von Imaginalis: „Wir freuen uns, dass wir in der Lage sind, auch am wachen Tier extrem hochauflösende Schnittbilder vom Kopf innerhalb von 16 Sekunden zu erstellen. Zudem bietet unser Gerät die Möglichkeit, neben sehr guten Darstellungen des Brustkorbes und der Lunge, auch Weichteildarstellungen von Abdominalorganen und des Verdauungstraktes erstellen zu können. Außerdem schätzen wir die Möglichkeit, Kontrastmitteluntersuchungen durchführen zu können, was je nach Fragestellung schnell zur Diagnose führen kann.“ Dr. Ingo Blanke, www.kleintierzentrum-starnberg.de