Nasales Lymphom der Katze

Patientenvorstellung: Ein erst sechsjähriger Maine Coon Kater wird in der Kleintierklinik mit vorberichtlich chronischer Rhinorrhoe, Husten und Atemgeräuschen vorgestellt. Zum Zeitpunkt der Überweisung präsentiert sich der Patient munter und aufmerksam, es fällt lediglich ein geringgradiger Stridor nasalis sowie eine heisere Lautäußerung auf. Die sonstigen Befunde der allgemeinen und präanästhetischen Untersuchung sind ohne besonderen Befund.

Zur Abklärung der Symptomatik ist zunächst eine Computertomographie mit anschließender Endoskopie geplant. In der Computertomographie zeigt sich der rechte Sinus nasalis im rostralen und mittleren Anteil nahezu vollständig weichteildicht verschattet, nur vereinzelt finden sich rostral Lufteinschlüsse. Der kaudale Bereich ist belüftet, die Lamina cribrosa unverändert. Septum und Conchenstruktur im Bereich der Verschattung sind partiell erhalten. Die Weichteilverschattung nimmt zentral Kontrastmittel auf, setzt sich rostral an den Rändern abgegrenzt in die linke Nasenhöhle fort und wölbt sich von dorsal in den Nasopharynx. Die Lymphknoten zeigen sich unauffällig.

In der Bronchoskopie zeigt sich eine perilaryngeale Umfangsvermehrung sowie eine weitere polypenartige Veränderung im Bereich der Bifurkation. Darüber hinaus fällt eine Larynxparalyse auf. Es wird sowohl eine Biopsie als auch eine bronchoalveoläre Lavage entnommen.

Die Pharyngoskopie zeigt eine Umfangsvermehrung, die komplikationslos beprobt werden kann. In der Rhinoskopie ist linksseitig eine generalisierte mukosale Schwellung erkennbar, die bei Manipulation leicht blutet. Rechtsseitig im Nasenvorhof verlegt eine nach lateral drängende Umfangsvermehrung das Lumen vollständig, eine Passage des Endoskops ist nur teilweise und bis zum mittleren Teil der Nasenhöhle möglich. Es zeigt sich hochgradig mukopurulente Rhinorrhoe. Aus beiden Nasenhöhlen wird eine Biopsie entnommen. Anhand der Befunde ist ein neoplastisches Geschehen bereits zum Untersuchungszeitpunkt sehr wahrscheinlich. Als wahrscheinlichste Neoplasie ist aufgrund der Lage und des Alters ein Lymphom zu erwarten. Als wichtigste Fragestellung bei der Vielzahl der Veränderungen ist zu klären, ob alle Umfangsvermehrungen in einem unmittelbaren Zusammenhang stehen.

Nasales Lymphom Katze

Das Lymphom ist bei der Katze der häufigste Tumor der Nasenhöhle. Bei jeder strukturellen Veränderung innerhalb der Nasenhöhle sollte ein Lymphom zumindest in Erwägung gezogen werden, da es einen entscheidenden Einfluss auf die Reihenfolge von Therapie und Medikation hat. Lokale Veränderungen müssen beprobt und pathologisch untersucht werden. Eine Zytologie reicht in der Regel nicht aus, da die Differenzierung zwischen einem Lymphom und einer lymphozytären Entzündung nicht immer zufriedenstellend möglich ist.

Zum Staging gehört die Bildgebung von Thorax und Abdomen. Bei solchen Patienten kann eine Ganzkörper-Computertomographie durchgeführt werden, allerdings sind die oftmals als charakteristisch angesehenen „mottenfraß“-ähnlichen strukturellen Veränderungen im Fall eines Lymphoms in der Milz und der Leber nur im Ultraschall sichtbar. Im CT stellen sich im Fall eines Lymphoms die Organe geringgradig vergrößert dar. Eine Feinnadelaspiration der Milz, optional auch der Leber, ist empfehlenswert.

CAVE: Die sorgfältige Aufarbeitung und der richtige Zeitpunkt für das Staging sind wichtig, da ein Staging unter der Gabe von Kortikosteroiden wenig aussagekräftig sein kann und z.B. Prednisolon daher erst im Anschluss verabreicht werden sollte.

Das Lymphom ist bei der Katze der häufigste Tumor der Nasenhöhle. Bei jeder strukturellen Veränderung innerhalb der Nasenhöhle sollte ein Lymphom zumindest in Erwägung gezogen werden, da es einen entscheidenden Einfluss auf die Reihenfolge von Therapie und Medikation hat."

Dr. Miriam Keiner, Kleintierklinik Ettlingen

Darüber hinaus entscheidet die lokale oder systemische Ausprägung des Lymphoms über das weitere Vorgehen: lokale Erkrankungen können mit Strahlentherapie behandelt werden, während ein systemisches Geschehen eine Chemotherapie erforderlich macht. Nicht zuletzt unterscheidet sich die Prognose zwischen einem lokalen und einem systemischen Geschehen enorm: Lymphome, die ausschließlich in der Nasenhöhle lokalisiert sind, sprechen sehr gut auf Strahlentherapie an und zeigen eine mittlere Überlebenszeit von deutlich über 900 Tagen, während systemische Lymphome bei der Katze unter Chemotherapie eine Überlebenszeit von 120-160 Tagen zeigen.

Weiteres Vorgehen im aktuellen Fall

Die entnommenen Proben der rechten Nasenhöhle bestätigten den Verdacht eines nasalen Lymphoms. Die Proben der sonstigen Lokalisationen hingegen zeigen keinerlei Anzeichen auf ein Lymphom, sodass von einem rein lokalen Geschehen auszugehen ist, was für das weitere Vorgehen entscheidend ist. Das nasale Lymphom spricht grundsätzlich sehr gut auf eine Strahlentherapie an und bis zu 100 % der Patienten zeigten eine Besserung. Die Prognose ist dabei mit einer mittleren Überlebenszeit von drei Jahren als gut zu bewerten. Da es allerdings auch bei lokalem Geschehen und gutem Ansprechen auf eine Strahlentherapie in ca. 20 % der Fälle zu einem systemischen Verlauf kommt, muss der Besitzer in jedem Fall im Vorfeld darüber aufgeklärt werden. Bei einem systemischen Verlauf ist die Chemotherapie die Therapie der Wahl, in einigen Fällen kann sie zur Verbesserung des Ansprechens optional mit einer Strahlentherapie kombiniert werden.

Strahlentherapie und Prognose

Im vorliegenden Fall ist aufgrund der eindeutigen Befundlage die Strahlentherapie angezeigt, sodass der Patient acht Tage nach der Rhinoskopie und dem Staging (CT Thorax und Abdomenultraschall) zur Planung der Strahlentherapie und Computertomographie vorgestellt wurde. Für die CT wurde, wie bei Nasenhöhlentumoren üblich, eine Vakuummatratze sowie ein Beißkeil angefertigt. Die Strahlentherapie wurde in 10 Fraktionen, werktäglich über zwei Wochen mit einer Gesamtdosis von 42 Gy im Bereich des Primärtumors und mit einer Gesamtdosis von 32 Gy im Bereich der mandibularen und retrophangealen Lymphknoten durchgeführt. Der Patient hat sowohl die Strahlentherapie als auch die Narkosen gut vertragen und wurde bei ungestörtem Allgemeinbefinden entlassen.

Die Strahlentherapie wurde in 10 Fraktionen, werktäglich über zwei Wochen mit einer Gesamtdosis von 42 Gy im Bereich des Primärtumors und mit einer Gesamtdosis von 32 Gy im Bereich der mandibularen und retrophangealen Lymphknoten durchgeführt."

Dr. Alena Soukup, Strahlentherapiezentrum Equinox

Nachsorge

Im weiteren Verlauf zeigte sich einerseits eine deutliche Reduktion des Stridor nasalis und eine Verbesserung des Allgemeinbefindens. Andererseits zeigte der Kater moderate Nebenwirkungen im Bereich des Nasenrückens, wo es zu einer leicht nässenden Desquamation mit Haarverlust kam. Außerdem entwickelte der Patient über einen Zeitraum von ca. 10 Tagen eine moderate Rötung und Schmerzen der Maulschleimhaut.

Um diese Nebenwirkungen abzupuffern erhielt der Patient Prednisolon (1 mg/kg q24h für eine Woche, danach Reduktion über zwei Wochen), Amoxicillin über drei Wochen sowie Gabapentin über zwei Wochen, danach als Bedarfsmedikation. Um auch bei kurzfristigen Nebenwirkungen an der Maulschleimhaut die Futteraufnahme sicherzustellen, wurde Mirtazapin-Salbe als Bedarfsmedikation gewählt.

Status Präsens

Zum aktuellen Zeitpunkt 12 Monate nach Strahlentherapie ist der Kater klinisch in einem guten Allgemeinzustand, die Kontrollen zeigen ein weitgehend normales Bild. Die Besitzer berichten lediglich von gelegentlichem Niesen und intermittierender, geringgradiger Rhinorrhoe. Die Computertomographie 7 Monate nach Strahlentherapie zeigt den Tumor in kompletter Remission und keine relevanten Veränderungen der Nasenhöhlen. Zusammenfassend hat sich der Patient von einem Zustand mit deutlich eingeschränkter Fitness und reduziertem Allgemeinzustand hin zu einem klinisch weitestgehend unauffälligen Kater entwickelt. Zum aktuellen Zeitpunkt spricht nichts für eine absehbare Veränderung und so genießen Besitzer und Patient die aktuelle Situation in vollen Zügen.