Zarte Nerven, gereizte Blase – Wie CBD Katzen mit FIC unterstützen kann.

Cannabidiol (CBD) wird regelmäßig zur unterstützenden Behandlung von Schmerzen und Angstzuständen eingesetzt. Dabei wird seine Anwendung bei einer der häufigsten Erkrankungen der Katze – der idiopathischen felinen Zystitis (FIC) – noch oft übersehen.

Die feline idiopathische Zystitis (FIC) ist eine der häufigsten Erkrankungen des unteren Harntrakts bei Katzen und eine wichtige Differenzialdiagnose innerhalb des Feline Lower Urinary Tract Disease (FLUTD)-Komplexes. Da die genaue Ursache bislang nicht geklärt ist, gilt FIC als multifaktorielle Störung mit neurogenen und umweltbedingten Einflüssen. Wiederkehrende Episoden sind keine Seltenheit. In schweren Fällen entsteht eine chronische Verlaufsform (Abb. 1).

Die derzeit wichtigste Behandlungsstrategie ist die multimodale Umweltmodifikation (MEMO), die darauf abzielt, Stress zu reduzieren und die Lebensumgebung der Katze zu optimieren. Dennoch bleibt die Erkrankung bei vielen Tieren therapieresistent, was das Interesse an ergänzenden Therapieansätzen wachsen lässt. In den letzten Jahren rückte das Endocannabinoid-System zunehmend in den Fokus der Forschung. Cannabidiol (CBD), eine nicht psychoaktive Verbindung der Hanfpflanze, weist nach aktuellem Wissensstand entzündungshemmende, schmerzlindernde und angstlösende Eigenschaften auf. Damit könnte CBD eine wertvolle ergänzende Option im Management der FIC darstellen.

Stress im System

FIC ist eine multifaktorielle Erkrankung, die durch eine Kombination aus geschwächter Blasenbarriere, neurogener Entzündung, überaktiver sympathischer Stressantwort und einer Dysfunktion der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse (HPA-Achse) gekennzeichnet ist. Stress gilt als zentraler Auslöser, während eine gestörte Schutzschicht der Harnblase und eine gestörte Nervenaktivität die Chronifizierung der Erkrankung begünstigen. Ein umfassendes Verständnis ist entscheidend für die Wahl der richtigen Therapie. Der kausale Zusammenhang zwischen Stress und der Entstehung von FIC ist wissenschaftlich belegt. Umweltveränderungen, hohe soziale Dichte in Mehrkatzenhaushalten sowie eine unzureichende Ressourcenverteilung zählen zu den häufigsten exogenen Stressoren, die akute Krankheitsschübe auslösen können. Eine wirksame Therapie erfordert daher einen multidimensionalen Ansatz, der neben medikamentösen Maßnahmen auch verhaltensorientierte Strategien zur Reduktion stressbedingter Auslöser einschließt.

Das ECS: Schlüsselsystem bei Schmerz und Entzündung

Das Endocannabinoid-System (ECS) ist ein komplexes Regulationsnetzwerk, das an der Steuerung von Schmerz, Entzündung und Stressreaktionen beteiligt ist. Es spielt eine zentrale Rolle in der Homöostase des Organismus. Das ECS besteht aus Cannabinoid-Rezeptoren (CB1 und CB2), körpereigenen Liganden (Endocannabinoiden) sowie den daran beteiligten Enzymen. Die beiden wichtigsten Rezeptoren sind:

  • CB1-Rezeptoren: Sie befinden sich überwiegend im zentralen Nervensystem, insbesondere im Gehirn, und beeinflussen Schmerzempfinden, Angstreaktionen und Entzündungsprozesse.
  • CB2-Rezeptoren: Diese finden sich hauptsächlich auf Immunzellen und sind u.a. maßgeblich an der Regulation entzündlicher Vorgänge beteiligt.

Die körpereigenen Endocannabinoide Anandamid (AEA) und 2-Arachidonoylglycerol (2-AG) binden an diese Rezeptoren und regulieren so Entzündungsprozesse sowie die Schmerzwahrnehmung. AEA hemmt die Aktivierung des Transkriptionsfaktors NF-kB und reduziert die Freisetzung proinflammatorischer Zytokine. Darüber hinaus beeinflusst es die neuronale Sensitivität der Blase, indem es eine durch Entzündung ausgelöste Hyperreflexie abschwächt. Es reguliert zudem die Proliferation von Immunzellen und hilft so, entzündliche Reaktionen zu begrenzen. CB2-Rezeptoren zeigen bei akuten und chronischen Blasenentzündungen eine verstärkte Expression im Blasendetrusor und gelten als wichtiger Ansatzpunkt für die Entzündungsmodulation. Die gezielte Hemmung des Enzyms FAAH (Fatty Acid Amide Hydrolase), das für den Abbau von AEA verantwortlich ist, kann die Konzentration von AEA erhöhen und somit zu einer signifikanten Schmerzreduktion führen.

Systemisch verabreichte CB1- und CB2-Agonisten haben sich in Studien als wirksam bei Blasenentzündungen erwiesen. Sie reduzieren die Schmerzempfindlichkeit (Hyperalgesie) und verlängern die Miktionsintervalle. Diese Ergebnisse unterstreichen das therapeutische Potenzial einer gezielten Modulation des ECS bei urologischen Erkrankungen – auch bei Katzen mit FIC.

FIC ist eine komplexe, stressassoziierte Erkrankung mit multifaktorieller Ursache. CBD zeigt vielversprechende Effekte auf Entzündung, Schmerz und Stress – zentrale Faktoren im Krankheitsgeschehen."

Sandra Bruckner, VetNutrition

Wie CBD bei FIC wirken kann

Ein möglicher Wirkmechanismus von CBD ist die Interaktion mit Serotoninrezeptoren, wodurch neuropathische Schmerzen gelindert werden können. Darüber hinaus beeinflusst CBD die Stressverarbeitung, indem es das ECS moduliert und mit der HPA-Achse interagiert. Studien zeigen, dass chronischer Stress die körpereigene Endocannabinoid-Signalgebung im Gehirn reduziert – ein Phänomen, das auch bei Katzen mit FIC beobachtet wurde.

Anwendung von CBD

Die optimale Dosierung von CBD hängt vom jeweiligen Produkt sowie von der individuellen Reaktion der Katze ab. In Studien wurden Dosierungen zwischen 0,1 und 2 mg pro Kilogramm Körpergewicht als sicher eingestuft. In der praktischen Anwendung zeigen sich jedoch häufig bereits deutlich geringere Mengen als wirksam. Die Verabreichung erfolgt in der Regel über CBD-Öl, das direkt auf die Maulschleimhaut aufgetragen oder von der Katze abgeleckt wird. Es empfiehlt sich, mit einer niedrigen Dosis zu beginnen und diese schrittweise dem Bedarf anzupassen – unter tierärztlicher Begleitung.

Fazit

Die multimodale Umweltmodifikation bleibt weiterhin der zentrale Therapieansatz bei Katzen mit FIC. Dennoch könnten Cannabinoide wie CBD eine sinnvolle ergänzende Option darstellen – insbesondere aufgrund ihrer entzündungshemmenden, schmerzlindernden und stressreduzierenden Eigenschaften. Sie können dazu beitragen, die Symptome der Erkrankung zu lindern und die Lebensqualität betroffener Katzen nachhaltig zu verbessern.