Tiermedizin im Wandel

Die Zukunft der Tiermedizin sieht recht bunt aus – oder zumindest digital. Auf dem Tierärztetag West in Dortmund war der Block „Tiermedizin im Wandel“ ein Auftakt dazu. Zwischen nostalgischen Rückblicken auf die 80er und mutigen Ausblicken in die kommenden Jahrzehnte wurde deutlich: Die Tiermedizin steht vor einem Wandel, angetrieben von Digitalisierung und künstlicher Intelligenz.

Von Knochen-Telefonen zu der Praxis in der Handfläche

Wie weit wir bisher gekommen sind, zeigte der erste Vortrag des Blocks. Der Sprung von Telefonzellen und Disketten zu Smartphones und Cloud-Computing war nicht nur eine technische Revolution, sondern auch eine, die unsere Arbeitsweise verändert. Damals telefonierte man noch von gelben Telefonzellen zwischen den Fahrten zu den Ställen, heute jongliert man zwischen Videokonferenzen und digitalen Patientenakten – alles auf einem Gerät, das kaum größer ist als eine Handfläche. Doch diese Entwicklung kommt nicht ohne Stolpersteine. Die Erinnerung an die Zeit, als man noch selbst mit der Hand Leukoyten zählte, wirkte fast romantisch im Vergleich zur heutigen ständigen Erreichbarkeit und der damit einhergehenden Erwartungshaltung.

KI – Freund oder Feind?

Der zweite Vortrag brachte das Thema KI und Digitalisierung aus Sicht der Humanmedizin auf den Punkt. Während die Technik bereits beeindruckende Fortschritte macht – sei es in der Auswertung und Interpretation riesiger Datenmengen, der Bildanalyse oder der Zytologie – schwingt auch ein Hauch von Skepsis mit. Wird die KI uns wirklich die Arbeit erleichtern oder nehmen wir uns durch den steigenden Technik-Einsatz die Zeit für das Wesentliche? Eines ist klar: Die KI wird bleiben und ihren Platz in der Tiermedizin einnehmen. Doch es liegt an uns, diese Entwicklung zu gestalten, anstatt uns von ihr überrollen zu lassen.

Digitalisierung: Chancen und Herausforderungen

Ein weiteres brisantes Thema, das aufkam, war der CO2-Fußabdruck der Digitalisierung. Wird die digitale Transformation wirklich nachhaltiger? Oder schaffen wir lediglich neue Probleme, die wir noch nicht vollständig verstehen? Die Antwort bleibt offen, aber der Diskurs ist eröffnet.

Rechtliche Herausforderungen

Neben den Chancen und potenziellen Umweltaspekten der Digitalisierung, beleuchtete der dritte Vortrag die rechtlichen Fragen, die mit dem Einsatz neuer Technologien in der Tiermedizin einhergehen. Ob es nun um die Zulässigkeit telemedizinischer Behandlungen oder die rechtlichen Konsequenzen bei Fehlentscheidungen durch KI geht – die neuen Technologien werfen auch rechtliche Fragen auf, die sich Tierärzt:innen stellen müssen. Wer haftet, wenn die KI eine falsche Diagnose stellt? Wie sichern wir uns rechtlich ab, wenn wir digitale Technologien nutzen? Diese Fragen sind nicht nur für die Praxis von entscheidender Bedeutung, sondern auch für das Vertrauen unserer Patientenbesitzer:innen in die moderne Tiermedizin.

Die Generationenfrage: Wer wird die Zukunft der Tiermedizin prägen?

Doch wer wird diese Zukunft gestalten? Die „alten weißen Männer“ mit Erfahrung und Weitsicht? Die „jungen Wilden“ mit innovativen Ideen? Die „sicherheitsbedürftigen Skeptiker“, die jede Neuerung erst einmal kritisch hinterfragen? Mit Sicherheit liegt die Lösung irgendwo dazwischen – in einer Kombination aus Erfahrung, frischem Wind und einer gesunden Portion Skepsis aber auch viel Neugierde.

Für mich ist klar...

Die Zukunft der Tiermedizin wird nur dann richtig gut sein, wenn wir alle an einem Strang ziehen, und zwar generationsübergreifend. Wir müssen nach vorne schauen und „einfach mal machen“. Rückblicke sind meines Erachtens nach nur noch erlaubt, um aus Fehlern zu lernen und Neuerungen besser zu machen – aber nicht, um ewig im Gestern stehen zu bleiben.