Holger Volk - ein bodenständiger und nahbarer Teamplayer

Holger Volk. Professor. Omnipräsent. Immer in Bewegung. Aufmerksam. Stets ansprechbar. Ein Fels in der Brandung. So scheint es. Umso erstaunlicher ist seine Aussage, er sei bei jedem seiner Vorträge nervös, „eigentlich immer, wenn ich in der Öffentlichkeit reden muss“. Er möchte, dass seine Zuhörer:innen wirklich etwas lernen, was sie auch in der Praxis anwenden können. Seit dreieinhalb Jahren nun ist er der Direktor der Kleintierklinik der Tierärztlichen Hochschule in Niedersachsens Hauptstadt Hannover und lässt seine Erfahrungen, die er während seines Studiums in Frankreich und seiner Tätigkeit in England gemacht hat, an seinem jetzigen Arbeitsplatz einfließen.

"Ich bin der Meinung, dass die Tiefe der Ausbildung in Deutschland schon sehr, sehr gut ist", erklärt er und ist fest der Meinung, dass man sich diesbezüglich nicht verstecken müsste, obwohl das viele meinen würden. Er wünscht sich jedoch, dass der praktische Anteil des Studiums in Zukunft noch weiter an Bedeutung gewinnt. "In England habe ich festgestellt, dass die Studierenden in vielen Bereichen besser waren, vor allem was die praktischen Fähigkeiten angeht", so Volk. Auch in England gibt es sehr stark ausgeprägte Hierarchien, doch werden die Professoren beim Vornamen genannt, und die Kommunikation ist allein dadurch schon viel direkter. "Aus dem englischen System habe ich gelernt, wie man ein bisschen offener mit einander umgeht und nicht diese starken Pseudo-Barrieren aufbaut, die eine direktere Kommunikation behindern", fasst der Klinikdirektor zusammen.

15 Jahre lang war er in London am Royal Veterinary College tätig. Hier baute er die Neurologie in der dortigen Kleintierklinik zu einer der weltweit größten Abteilungen auf diesem Gebiet auf und leitete mit dem Queen Mother Hospital for Animals die dortige Kleintierklinik sowie das Department für Clinical Science und Services. Kürzlich wurde Volk in England der RCVS International Award verliehen, und damit seine Fähigkeit, die Kluft zwischen Grundlagenforschung und klinischer Wissenschaft zu überbrücken, gewürdigt. Neben seinen fachlichen Fähigkeiten beschrieb Prof. Richard Meeson vom Royal Veterinary College in seiner Laudatio Holger Volk als "hervorragende Führungspersönlichkeit, Mentor und Förderer, der gleichzeitig ein bodenständiger und nahbarer Teamplayer ist". In der Stunde des Triumpfes bleibt Volk, wie man ihn kennt, bescheiden und stellt klar, dass alle Erfolge tatsächlich nur im Team möglich sind und waren.

Natürlich machen wir Forschung, um die Disziplinen auch voranbringen, und natürlich ist auch die Dienstleistung wichtig, doch in erster Linie bilden wir den Nachwuchs aus."

Prof. Dr. Holger Volk, Direktor der Klinik für Kleintiere der TiHo Hannover

Corona-Spürhunde im Einsatz

Ein großes länderübergreifendes Forschungsteam unter der Leitung der TiHo hatte Mitte 2021 den Nachweis geliefert, dass Spürhunde am Geruch unterscheiden können, ob eine Person mit SARS-CoV-2 infiziert ist oder nicht. Medial ging diese Erkenntnis durch die Decke, und der Klinikdirektor wurde auf allen Kanälen über die Corona-Spürhunde befragt. "Schon nach achttägigem Training konnten die Hunde von 1.012 Speichel- oder Atemwegssekret-Proben 94 Prozent korrekt identifizieren", erklärt Volk begeistert, der persönlich dabei war, als die Hunde bei Konzerten der Hannoveraner Kultband Fury in the Slaughterhouse und von Popmusiker Axel „Aki“ Bosse im Praxistest erfolgreich eingesetzt wurden. Diese Arbeiten verfolgen er und seine Forschergruppe gemeinsam mit der Weltgesundheitsorganisation (WHO) weiter, um die Möglichkeit, Spürhunde im Kampf gegen Infektionskrankheiten einzusetzen, zu evaluieren.

Spezialsprechstunde für demenzkranke Hunde und Katzen

Nicht minder stolz ist man an der TiHo, dass die Abteilung Neurologie und Neurochirurgie im Ende 2021 gegründeten Zentrum für geriatrische Hunde und Katzen eine Spezialsprechstunde für demenzkranke Tiere anbietet. Die in die Jahre gekommenen Haustiere haben ja eigentlich keine Lobby. Da aber die Lebenserwartung der Katzen und Hunde aufgrund der deutlich verbesserten medizinischen Versorgung steigt, erkranken wie auch beim Menschen immer mehr Tiere an der felinen oder caninen kognitiven Dysfunktionssyndrom. Jeder dritte Hund im Alter von 12 Jahren und mehr als 50 % im Alter von 15 Jahren sind betroffen. Bei älteren Katzen zwischen 16 und 19 Jahren berichteten Halter:innen in einer Befragung in 90 % der Fälle von zunehmenden Verhaltensänderungen wie Verlust der Stubenreinheit und verminderter Aktivität. "Wir werden in Zukunft regelmäßig Informationsabende und Fortbildungen zur Erkennung und Behandlung des kognitiven Dysfunktionssyndroms für Hundehalter:innen sowie für tierärztliche Kolleg:innen anbieten", erklärt Volk, der sich über die finanzielle Unterstützung von Heimtiernahrungshersteller Purina freut.

Ausbildung steht an erster Stelle

Holger Volk macht noch einmal deutlich, dass das Hauptaugenmerk darauf liegt, Studierende zu Tierärzt:innen auszubilden. "Natürlich machen wir Forschung, um die Disziplinen auch voranbringen, und natürlich ist auch die Dienstleistung wichtig, doch in erster Linie bilden wir den Nachwuchs aus", fasst der Direktor der Kleintierklinik zusammen, der sich bei seiner Rückkehr nach Deutschland besonders gefreut hat, mehr klinisch aktiv sein zu können als in England. Soweit es seine Aufgaben und sein Terminplan zulassen, geht er bei der täglichen Visite mit, um sich die Fälle auf Station anzuschauen. Der Tierarzt ist ein großer Verfechter, sich die klinischen Fälle direkt anzuschauen und diese nicht nur am Bildschirm zu beurteilen. "Wir haben als Tierärzt:innen den großen Vorteil, unsere Hände benutzen und all unsere Sinne einsetzen zu können", so Volk. Regelmäßig ist der Professor im Operationssaal zu finden. Ihm ist es wichtig, dass die Studierenden und Assistenztierärzt:innen soviel praktische Erfahrungen sammeln wie möglich. Er steht dann daneben, beobachtet und lernt dabei jeden Einzelnen extrem gut kennen. Wichtig ist ihm, dass seine Mitarbeitenden wissen, zu welchem Zeitpunkt sie nach Hilfe fragen müssen - das sei A & O. Im OP herrscht eine sehr kollegiale, entspannte und fröhliche Atmosphäre - von Angst und Stress ist hier kaum etwas zu spüren.

Stress jedoch kommt dann auf, wenn an den Wochenenden die Wartebereiche überquellen und sich bis zu 200 Meter lange Schlangen vor der Kleintierklinik bilden. Neben der in der Coronazeit deutlich gestiegenen Haustierdichte liegt dies sicherlich daran, dass immer mehr umliegende Tierkliniken Ihren Klinikstatus abgeben, infolgedessen ihre Öffnungszeiten und Ihre Notdienste einschränken. Das sei natürlich nicht nur in Hannover so, sondern handelt sich um ein deutschlandweites Problem. "Die Ex-Kliniken bezeichnen sich dann ja nicht als Kompetenzzentrum, weil es sich besser anhört, sondern weil sie Probleme haben, das notwendige Fachpersonal zu finden und zu halten", erklärt Volk. "Ich sehe, dass der Tiermedizin in Deutschland goldene Zeiten bevorstehen, doch müssen wir die Notdienstproblematik mit allen Playern der Branche zusammen angehen, damit nicht das ganze System kollabiert!"

Für das Team der Kleintierklinik der TiHo ist es unter solchen Umständen schwer, den selbst gesteckten Qualitätsgedanken wirklich hundertprozentig umzusetzen. Natürlich ist es schwer, die Kommunikation mit den Tierbesitzer:innen richtig gut zu gestalten, wenn das Team auf dem letzten Loch pfeift. Doch gehört es zum Qualitätsgedanken, dass jede Beschwerde innerhalb von 14 Tagen bearbeitet wird. "Wenn etwas schiefgelaufen ist, müssen wir daraus lernen, damit diese Fehler in der Zukunft nicht wieder vorkommen", formuliert der Chef das Ziel.

Als Team das Beste für jeden Patienten erreichen

Offen und professionell auf Beschwerden einzugehen, ist nur ein Teil des Leitbildes, das an der Klinik für Kleintiere der TiHo erarbeitet wurde. "Wir werden als internationales, transdisziplinäres Referenzzentrum der integrativen Kleintiermedizin anerkannt sein, durch Kompetenz, Empathie, lebenslanges Lernen, Generierung und Vermittlung von Wissen und Fertigkeiten, innovative diagnostische und therapeutische Möglichkeiten und Forschung, empfohlen von Studierenden, Mitarbeiter:innen, Kollegen:innen und Tierbesitzer:innen" – so lautet die Vision der Kleintierklinik an der Tierärztlichen Hochschule Hannover.

Diese Vision vor Augen, geben Holger Volk und sein Team tagtäglich im Dienste für Mensch und Tier ihr Bestes.

Andreas Moll