Dr. Lorenz Schmid, Oberhaching - "Zahn um Zahn um Zahn"

Die Tierklinik Oberhaching gehört in Deutschland zu den größten privat geführten Tierkliniken. Fast 200 Menschen sind hier und in der Satellitenpraxis, dem Kleintierzentrum Starnberg, damit beschäftigt, Tiermedizin auf höchstem Niveau umzusetzen. Ich habe den Klinikgründer, Dr. Lorenz Schmid, in Oberhaching besucht, ihn bei der Arbeit beobachtet und interviewt. Der 63-Jährige spricht über seine Passion, die Zahnmedizin, die Entwicklungen in der Veterinärmedizin und die Deutsche Gesellschaft für Zahnheilkunde (DGT).

„Ich lebe Zahnmedizin!“

Aus Sicht von Dr. Lorenz Schmid ist die Zahnabteilung ein Herzstück der Klinik – natürlich nur, weil die Zahnmedizin das Zentrum seines beruflichen Tuns geworden ist. „Bei uns in der Klinik hat die Zahnheilkunde eine sehr große Bedeutung“, erklärt der Klinikgründer. „Jeder tierärztliche Mitarbeiter durchläuft und lernt in der Zahnabteilung." Es hat sich in der Veterinärszene längst herumgesprochen, dass in der Abteilung zwischen fünf und sechs ZahnspezialistInnen arbeiten. Schmid leitet die Dentalabteilung der Klinik und ist stolz auf sein engagiertes Team. "Es ist für alle äußerst motivierend, dass wir hier auf höchsten fachlichen Niveau arbeiten können, wir uns hier bestens ergänzen und uns stetig im Austausch befinden", so Schmid, der nachschiebt, dass sich das so natürlich auch in den anderen Bereichen der Klinik verhält.

"Ich habe in der Zahnheilkunde alles gemacht, was man machen kann - darüber bin ich auch sehr glücklich", erklärt der Facharzt, der nicht mehr fünf Tage durchoperieren, sondern vernünftig bleiben muss. "Drei bis vier Tage reichen mir aus!" Er habe jetzt so viele engagierte KollegInnen, die sich freuen, "die speziellen Sachen" wie Kieferresektionen und Überkronungen zu machen. Schmid sucht sich also nicht die fachlichen Rosinen heraus, sondern "macht das, was kommt". Bei Patient Odin steht eine Wurzelkanalfüllung an, die "man regelmäßig machen muss, um in der Übung zu bleiben und nicht einzurosten". Wichtig ist Schmid zu erwähnen, dass in der Klink keine Zahnstellungskorrekturen gemacht werden, die nicht medizinisch indiziert sind. "Und wir setzen bei Hund und Katze auch keine Implantate, obwohl das sehr oft seitens der Tierhalter angefragt wird", so der Tierzahnarzt über seine ethischen Grundsätze.

Wir leben hier in der Klinik ein partnerschaftliches Miteinander!

"Unser Ziel ist es, in der Klink ein partnerschaftliches Miteinander zu leben", erklärt Schmid, "wir leben keine Hierarchien, wir leben das Team". Es sei nicht immer ganz einfach, jeden Einzelnen, vom Auszubildenden über das Reinigungspersonal bis zu den Ärzten, zu wertschätzen, doch das sei das erklärte Ziel. Er erzählt, dass er jahrelang in einem Universitätsbetrieb gearbeitet habe, in dem nur die Ärzte einen Schlüssel zum Fahrstuhl hatten, während der Rest die Treppe nutzen mussten. "In Amerika und Südafrika wiederum habe ich die größten Koryphäen erlebt, die wunderbar teamorientiert gearbeitet haben", so Schmid. Diese Zeit hat den Klinikchef geprägt, der sich zum Ziel gesetzt hat, "nicht belehrend" zu sein und "so gut es geht zuzuhören".

Sechs Teilhaber leiten derzeit die Geschicke der Klinik. In regelmäßig stattfindenden "Chefrunden" werden die Entwicklungen, Planungen, Erweiterungen und Vertiefungen besprochen. Lorenz Schmid lobt die gute Atmosphäre in der Chefetage, die automatisch auf den Rest des Teams abstrahlt. "Ich selbst habe im Laufe der Zeit gelernt, Aufgaben abzugeben und Schwächen zuzulassen", sagt Schmid, "nur so kann sich ein Unternehmen weiterentwickeln." Er berichtet nicht ohne Stolz, dass junge AssistentInnen anklopfen und fragen, ob sie sich an der Klink beteiligen können. Seiner Meinung nach haben viele Klinikbesitzer den Fehler gemacht, in diesem Punkt nicht offen genug zu sein. "Viele pflegen jahrelang einen autoritären Führungsstil und erwarten dann, dass jemand quasi aus dem Nichts erscheint und die Klinik übernimmt", so Schmid. Das könne so jedoch nicht funktionieren, so dass viele gezwungen wären, ihre Praxen an die Tierarztketten zu verkaufen, weil sie es versäumt haben, Nachwuchs zu entwickeln. Seiner Meinung und Erfahrung nach, müsse man den Nachwuchs kommen lassen, den KollegInnen erlauben, sich zu entwickeln, und dann Kompetenzen abgeben. Er ist sich sicher: "Das ist nicht ganz einfach, aber so kann es funktionieren!"

Fortbildung ist immens wichtig!

Vor fast 30 hat Lorenz Schmid bereits begonnen, intraorale Röntgenaufnahmen mit einer Einheit, die er von einem Humankollegen bekommen hatte, zu generieren. Motiviert war er damals durch Dr. Dr. Peter Fahrenkrug, der zu der Zeit "unfassbar gute" Fortbildungen durchführte, in denen man an Präparaten arbeiten, bohren, fräsen, Zähne ziehen und dadurch lernen konnte, wie man von Grund alles richtig macht. Durch ständige Fortbildungen u.a. im Luxemburg und bei verschiedenen Spezialisten im Ausland ist Schmid immer tiefer in das Thema eingedrungen. Folgerichtig wollte er auch in der Heimat Fortbildungen für KollegInnen organisieren, und so hat er schließlich die Deutsche Gesellschaft für Tierzahnheilkunde (DGT) mitgegründet. Mittlerweile steht der 63-Jährige der Fachgesellschaft als Präsident vor.

Zufrieden ist der Präsident, dass die DGT mittlerweile über 300 Mitglieder zählt. Diese haben sich verpflichtet, jährlich eine gewisse Anzahl von Fachfortbildungen zu absolvieren und ihre Praxen nach den technischen Maßstäben der Gesellschaft auszustatten. "Unser Ziel ist es, einen hohen Standard zu etablieren", erklärt Schmid. "Wir bieten den Tierbesitzern auf unserer sehr kundenfreundlichen Website (www.tierzahnaerzte.de) die Möglichkeit, SpezialistInnen im Bereich Dentalmedizin in ihrer Nähe zu finden."

Die DGT wird sich sicherlich noch deutlich weiterentwickeln. "Wir werden die Anwendung intraoraler Röntgentechniken weiter pushen, weil das die Grundvoraussetzung für eine fachlich gute Zahnmedizin bildet", so Schmid. Um die Zahngruppe als wichtigen Teil der gesamten Veterinärmedizin zu etablieren, wird in der DGT viel Aufwand betrieben. Dr. Florian Buck, der im Präsidium für die Fortbildung zuständig ist, hat es geschafft, die Präsenzfortbildungen online umzugestalten. Jüngst wurde mit den Kleintierspezialisten aus Österreich (ÖGTZ) und der Schweiz (SSVD) eine Kooperation eingegangen, die es den Mitgliedern der DGT ermöglicht, an einem monatlich stattfindenden Jour fixe teilzunehmen. Die Kosten dieser virtuellen, sehr attraktiven Fortbildungen werden übrigens von der DGT übernommen. Seit September 2020 bietet die DGT zudem ein Weiterbildungsprogramm für Tiermedizinische Fachangestellte in Zahnheilkunde an.

Abschlussgespräch mit Odins Besitzer

Nach dem Interview trifft sich Dr. Lorenz Schmid noch zum Abschlussgespräch mit Odins Besitzer, der an diesem Morgen einen Anfahrtsweg von 250 Kilometer auf sich genommen hat. Schmid erklärt ihm anhand des während der OP geschossenen Bildmaterials genau, was er gemacht hat. Der Hundebesitzer ist glücklich, dass es seinem Vierbeiner wieder besser geht. "Froh bin ich, dass die Ansprüche der Tierhalter bezüglich guter Zahnheilkunde gewachsen sind", so Schmid. "Sie informieren sich im Netz, dass Mundgeruch nicht normal ist und dass Tiere es häufig nicht zeigen, wenn sie Schmerzen haben und still vor sich hin leiden."

Lorenz Schmid kann sich nichts Schöneres vorstellen, als auch in Zukunft Veterinärmedizin aktiv zu gestalten. "So lange ich Freude habe und gesundheitlich dazu in der Lage bin, werde ich hier in der Klinik meine Arbeit machen!"