KONFLIKTE: "Wer schreit, denkt nicht mehr!"

Konflikte gehören einfach dazu. Reibereien sind aber nicht nur menschlich – wer weiß das besser als Herrchen oder Frauchen eines Mehrtierhaushalts. Es heißt, auch die böseste Katze wachse an problematischen Umgangsformen mit anderen Katzen. Das muss nicht mal verstehen, wer TV-Sendungen zu Tierthemen produziert, aber nicht zufällig RÜTTER heißt. Und das Beste: Massenweise Ratgeber gibt’s gratis. Wo also liegt das Problem?

Wiktionary erklärt uns kurz und bündig: Der Begriff stamme aus dem Lateinischen. Von conflictus (→ lateinisch für „Zusammenstoß“) - Partizip Perfekt Passiv vom Verb: confligere (→ lateinisch für „aneinandergeraten“ oder „kämpfen“). zusammengesetzt aus con- (→ lateinisch für „mit“ oder „zusammen“) und dem Verb fligere (→ lateinisch für „schlagen“ oder „prallen“).

Dorschs Lexikon der Psychologie ergänzt „…In einer Konfliktsituation wirken Kräfte gleicher Stärke auf eine Person ein, jedoch in entgegengesetzter Richtung. Daraus ergeben sich drei Grundsituationen:


  1. Appetenz-Appetenz-(Annäherungs-Annäherungs-) Konflikte treten bei der Wahl zwischen zwei als positiv wahrgenommenen Alternativen auf….“ Daran erinnert die berühmte Geschichte von Buridans Esel, der zwischen zwei Heuhaufen verhungert, weil er sich nicht entscheiden kann, welchen er zuerst fressen sollte.
  2. …bei Aversions-Aversions-(Vermeidungs-Vermeidungs-) Konflikten geht es um die Wahl zwischen zwei Übeln. 

  3. Ein Appetenz-Aversions-(Annäherungs-Vermeidungs-) Konflikt ergibt sich, wenn die Wahl der Alternativen sowohl positive als auch negative Konsequenzen beinhaltet (Konflikttheorie, Annäherungs-Vermeidungs-Konflikt).

Theorie und Praxis

Das alles klingt erstmal überzeugend. Gängige Hinweise wie - man solle sachlich bleiben, sich gegenseitig zuhören, die Konfliktursachen erkunden und am besten eine win-win-Situation erreichen - überzeugen wohl auch, wenn da das Emotionale nicht stören würde. Dazu bietet der österreichische Autor Ernst Ferstl zartfühlende Entlastung: 
„Der Unterschied zwischen Theorie und Praxis ist nun mal 
in der Praxis weit höher als in der Theorie.“

Beispiel 1: Konflike mit Kund:innen

Frau K., Praxis-Stammkundin und Besitzerin der Katze Shima blafft die Kollegin am Empfang an: Entweder wird Shima von Katja so wie immer behandelt oder ich fahre in die Stadt-Klinik. Jemand anderem werde ich meine Shima jedenfalls nicht anvertrauen!

Sachverhalt: Shima müsste unverzüglich behandelt werden. Aber: Der Kalender ist „zu“. Das könnte böse enden. Kollegin Katja operiert gerade einen schwierigen Fall. Und dann wartet schon der nächste Notfall. Die Empfangskollegin macht Druck, hat schon mehrfach „dringend“ gesagt. Die Stammkundin macht Gegendruck, ist aufgeregt und spricht hektisch.
Die Lösung ist allen Beteiligten unangenehm. Einerseits muss die Empfangskollegin die 
Bereitschaft zeigen, die Nachteile abzuwägen. Sie muss andererseits klare Kante zeigen: 



Lösung: Wir möchten Ihre Shima und Sie selber bei uns behalten. Aber ich kann nicht in eine OP eingreifen. Und: Ich kann Sie auch nicht einfach wegschicken. Es ist jetzt 9.00 Uhr. Auf Katja müssten Sie noch bis 11 Uhr warten. Soll sich die Katze, die jetzt auf dem OPTisch liegt, für Ihre Shima opfern? Das ist bestimmt nicht mit unserer Überzeugung vereinbar. Das müssen Sie mir glauben! Wenn Shima ein Notfall ist, dann geht es um mehr. Ich bitte Sie deswegen jetzt, sich heute für die Klinik in der Stadt zu entscheiden. Etwas anderes könnte ich jetzt nicht verantworten, Stammkundin hin oder her - Leben und Gesundheit von Shima sind wichtiger.

Beispiel 2: Konflike mit Mitarbeitenden


Frank und Jasmin geraten bei der Notdienstplanung regelmäßig aneinander. Jasmin 
wendet sich an ihre Chefin: Ich will mit Frank nicht mehr zusammenarbeiten. Du musst 
Dich entscheiden. Der oder ich.



Sachverhalt: wiederkehrende Reibereien sind ein Symptom für eine asymetrische 
Angriffsneigung. Nur wissen wir eigentlich nicht, ob das für Frank, für Jasmin oder für beide Seiten gilt. Aber wir wissen, Angriffsneigung („labiles Aggressionsverhalten“) ist eine
 schlimme Belastung für einen Kleinbetrieb. Hier hilft nur der schnelle Schnitt: Wer die Kündigung seiner Streitpartner:in fordert, ist stärker von labilen Angriffsmustern belastet und wirdimmer wieder versuchen, die Leitung oder sogar Kolleg:innen zu manipulieren. Die Kündigung wiurd angedroht, um eine Entscheidung zu erzwingen.


Lösung: Die psychologisch durchdachte Antwort lautet in diesem Fall: Kündigen Sie umgehend – aber niemals ohne Rechtsberatung - bevor die manipulative Person weiteren Schaden anrichtet.


Beispiel 3 - Konflike mit Dienstleistern

Aufgrund mehrerer Krankheitsfälle in der Klinik muss P. die lange geplante Weiterbildung kurzfristig absagen. Der Bildungsträger fordert dennoch die volle (nicht unerhebliche) Teilnahmegebühr: Sie haben verbindlich gebucht und die Stornofrist
ist ist schon lange abgelaufen!



Sachverhalt: Wir kennen P. nicht. Wenn sein Verhalten sonst von Rücksichtslosigkeit geprägt wäre, sollte der Betrieb nicht die Gedankenlosigkeit und den Egoismus von P.
 finanzieren müssen. Zunächst muss jedoch Klarheit her: Hatte P. seine Weiterbildung selbstständig oder in vollem Einvernehmen mit der Chef:in geplant? Liegt tatsächlich ein personeller Ausnahmefall vor? Hat der Betrieb bereits Erfahrungen mit dem Bildungsträger? Eine rechtliche Beratung hilft zusätzlich, die richtige Entscheidung zu treffen.



Lösung: Auf keinen Fall sollte eine tiermedizinische Einrichtung Verhaltensweisen dulden, die angeblich in Frontlazaretten hinzunehmen sind: der Typ „Plärrer“ kann erheblichen Schaden anrichten. Wer schreit, ist ganz zweifelsfrei überfordert – sei es von den Mitarbeitenden, von den Chefs oder gar von Tieren und Tierhalter:innen. Wer schreit, braucht Hilfe – umgehend und ohne Verzug!

Umgang mit Konflikten

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