Jana Wendt: Olfaktorische Ablenkungstechniken

Immer mehr Kleintierpraxen und -klinken lassen sich als "Catfriendly Clinic" zertifizieren. Das Ziel ist es, Katzen und ihren Besitzer:innen einen möglichst stressfreien Praxisbesuch zu ermöglichen. Die International Society of Feline Medicine (ISFM) unterstützt Tierärzt:innen auf der ganzen Welt dabei, eine Praxisumgebung zu schaffen, die den Bedürfnissen der Katzen gerecht wird. Anlässlich des Jubiläums hat die ISFM zu einem Wettbewerb innerhalb der akkreditierten Tierarztpraxen aufgerufen, mit einem kurzen Video ihre innovative Ideen vorzustellen. Eine der Gewinner:innnen ist die Tierarztpraxis Jana Wendt in Aschersleben. JUST4VETS hat mit der Tierärztin über ihre Erfahrungen und ihren Wettbewerbsbeitrag gesprochen.

JUST4VETS: Ihre Praxis ist eine von über 2500 katzenfreundlichen Tierarztpraxen weltweit. Warum haben Sie sich dazu entschlossen, sich zertifizieren zu lassen?

Jana Wendt: In meiner Tätigkeit in anderen Kleintierpraxen ist mir oft aufgefallen, dass Katzen häufig als schwierige und unliebsame Patienten gelten. Doch wenn man ihnen auf die richtige Art und Weise begegnet, sind auch die "bösen" Katzen meist ganz handzahm. Viele Stressfaktoren beginnen schon im Wartezimmer (leider auch schon davor, doch diese Probleme sind in erster Instanz schwer zu beheben) und im Management der Sprechstunde. Daher haben wir bei unserer Neugründung von Anfang an auf eine katzenfreundliche Atmosphäre geachtet. Neben den baulichen Maßnahmen (getrennte Wartezimmer und Behandlungsräume, Katzenregale, Landeplatz auf dem Tresen, freilaufsicheres Behandlungszimmer) war es mir aber auch darüber hinaus wichtig, einen respektvollen und nachsichtigen Umgang mit den Tieren zu wahren. Wir haben also von Beginn an sehr viel für Katzen getan. Unser erstes Zertifikat kam im Rahmen der Initiative "Service plus für Katzen" von Royal Canin, die vorrangig auf die Aufklärung der Besitzer:innen abzielte. Als ich dann von der Catfriendly Clinic hörte, wollten wir zunächst schauen, ob wir auch den internationalen Standards genügen würden. Auf unsere Akkreditierung im Jahr 2021 mit dem Bronze Status sind wir sehr stolz.

JUST4VETS: Wie kommunizieren Sie, dass Sie "Catfriendly" sind? Und wie reagieren die Katzenbesitzer:innen darauf?

Jana Wendt: Nun, wir sind wahrscheinlich noch recht vorsichtig in unserer Kommunikation rund um dieses Zertifikat. Natürlich ist unsere Auszeichnung auf den sozialen Medien sowie auf unserer Homepage ersichtlich und auch im Empfangsbereich klebt ein Aufkleber. Momentan haben wir auch unseren Award und ein bisschen Infomaterial über Katzenverhalten hinter dem Tresen aufgestellt. Rund um die Verleihungszeremonie haben wir eine kleine Beitragsreihe über die katzenfreundliche Praxis auf Facebook veröffentlicht, welche eine sehr gute Resonanz hatte. Daher denke ich, wir werden Solches in dieser Art in Zukunft noch etwas ausweiten, eventuell auch mit ein paar Druckmedien für das Wartezimmer.

Viele Katzenbesitzer:innen kommen tatsächlich wegen unseres Internetauftritts zu uns, der sich im Allgemeinen viel mit Tierverhalten und Katzenhaltung befasst. Aber die meisten kommen einfach wegen der guten Lage oder weil die Katze von anderen Tierärzt:innen nicht mehr behandelt wird (oder nur noch unter Zwang). Meist trifft unsere Art der Behandlung und des Umgangs mit dem Tier und den Halter:innen auf große Zustimmung und oft auch auf Erleichterung. Ein Praxisbesuch muss nicht immer maximalen Stress für die Katze bedeuten und man kann sich auch im Alltagsstress die Zeit für ein jedes Individuum nehmen.

JUST4VETS: Sie haben sich am Wettbewerb anlässlich des 10-jährigen Jubiläums der ISFM mit einem Video zum Thema "Einsatz olfaktorischer Ablenkungstechniken" beworben - und gewonnen. Würden Sie Ihre Idee beschreiben?

Jana Wendt: Naja, zumindest waren wir unter den drei Finalist:innen. In unserer Kategorie hat eine sehr sympathische Praxis aus Belgien gewonnen. Dennoch sind wir ungemein stolz, es so weit geschafft zu haben und das trotz internationaler Teilnahme! Die Idee hinter dem Video lässt sich recht einfach beschreiben: Wir hatten im eigentlichen Sinne nicht mal eine wirkliche Neuerung, die wir herausstellen konnten. Daher haben wir versucht, den Weg durch unsere Praxis aus Sicht des Patienten Katze darzustellen.


Kater Donatello kommt ziemlich durchgeschüttelt und aufgeregt nach der Fahrt zu uns in die Praxis. Zum Glück darf er auf unserem Katzenlandeplatz oben auf dem Tresen Platz nehmen und erst einmal den ungestörten Rundumblick genießen. Danach geht es in das Wartezimmer, in dem er auf einem privaten Balkon (in unseren Katzentonnen) die Ruhe, die Aussicht und den (Feliway-) Geruch bemerkt. Im Behandlungszimmer freut er sich zunächst über den wackelnden Finger, um sich danach über die in Katzensprache verfasste Einladung zu wundern. Ab hier wird gezeigt, wie er sich im Behandlungszimmer frei bewegen kann, während der Untersuchung mit Leckerchen gefüttert wird und schlussendlich auf meinem Schoß mit einem Cat-Nip-Kissen schmusend geimpft wird.

Wir haben also lediglich versucht, unseren alltäglichen Ablauf in der Katzenpraxis wiederzugeben. Hierbei werden viele Mittel zur Stressminimierung eingesetzt: Pheromone, olfaktorische und gustatorische Reize, aber eben auch die Verwendung von Mimikry und "Katzensprache". Ich hoffe, wir konnten das in den knapp 60 Sekunden einigermaßen darstellen.

JUST4VETS: Die Juror:innen der ISFM haben Sie auf jeden Fall überzeugen können. Wir gratulieren Ihnen zu dieser Auszeichnung und Wir bedanken uns bei Ihnen für die interessanten Ausführungen.