Becker trifft Viefhues: "Optimale Verbindung zwischen Tiermedizin und Betriebswirtschaft"

Was passiert, wenn sich zwei "alte Hasen" der Veterinärmedizin zum Brainstorming treffen? Der eine, Dr. Gereon Viefhues, hat in Ahlen eine der größten überregionalen Überweisungskliniken aufgebaut, diese vor einigen Jahren an die AniCura-Gruppe veräußert und jüngst mit "VETOPA" ein Unternehmen für strategische Beratung in der Tiermedizin gegründet. Der andere, Dr. Björn Becker, knapp zehn Jahre jünger, betreibt als Tierarzt zwei Praxisstandorte, gilt als Fachmann für das Thema Telemedizin und ist als Dozent an gleich zwei Hochschulen für Digitale Transformation aktiv. Becker hat Viefhues gleich zu Beginn des Treffens für JUST4VETS interviewt.

Dr. Björn Becker: Gereon, stell' Dir vor, Du hättest gestern Dein Tiermedizinstudium erfolgreich absolviert und willst Dich niederlassen. Was würdest Du tun?

Dr. Gereon Viefhues: Das ist eine gute Frage. Interessant. Wie für 40 % aller Tierärzt:innen wäre es auch für mir eine spannende, Spaß bringende und herausfordernde Geschichte, mich als Tierarzt selbstbestimmt eine tiermedizinische Praxis niederzulassen. Ohne sich einem Netzwerk anzuschließen, das natürlich Halt bietet, in dem man sich allerdings auch schnell mal sich in Maschen verheddern kann. Ich würde jedoch heute mit einer Partner:in machen, entweder mit einer tierärztlichen Kolleg:in oder jemandem, der sich auf tiermedizinisches Praxismanagement spezialisiert hat. Das Ziel wäre, Tiermedizin und Betriebswirtschaft optimal miteinander zu verknüpfen.

Was würdest Du als "Vetopa" dem jungen Gereon raten?

Dr. Gereon Viefhues: Meiner Meinung nach könen nur diejenigen in der Tiermedizin glücklich werden, wenn der Beruf konfuzianisch als Berufung gesehen wird. Ich muss das machen, was ich mache, gerne machen. Aus meiner Vergangenheit habe ich gelernt, dass das Splitting zwischen Betriebswirtschaft und Tiermedizin immens wichtig ist. Eine gute Betriebswirt:in kann das Unternehmen Tierarztpraxis effizient nach vorne bringen. Und um eine wirklich gute Chirurg:in zu sein und zu bleiben, ist viel Energie und ständige Weiterbildung notwendig. Wenn beides in Personalunion getan wird, besteht immer die Gefahr, dass ein Aufgabengebiet leidet.

Gilt das nur für Fachtierärzt:innen oder haben Haustierärzt:innen mehr Zeit und Kapazitäten?

Dr. Gereon Viefhues: Allgemeinmediziner:innen müssen ja auch ein sehr breites Spektrum abdecken, da ist es meiner Ansicht nach ratsam, wenn sich jemand um die betriebswirtschaftlichen Themen im Auge hat. Haustierärzt:innen sind ja auch diejenigen, die die Tierhalter:innen den Weg durch den Dschungel der einzelnen Spezialistenmeinungen leiten müssen.

Und klappt Deiner Meinung nach die Kommunikation zwischen Tierklinik und überweisender Hauspraxis?

Dr. Gereon Viefhues: Was oft fehlt, ist das Verständnis der Kliniken für die Haustierärzt:innen und oft auch umgekehrt. Die Kliniken rühren in ihrer eigenen Suppe und machen da die tiermedizinische Arbeit, die sie gut können. Ganz oft werden jedoch die überweisenden Haustierärzt:innen nicht gesehen oder verstanden. Hier sehe ich noch sehr viel Kommunikationsbedarf. Ich wünsche mir für die nächste Generation, dass das Knowhow noch besser geteilt wird und die Angebote des Austausches noch effektiver genutzt werden.

Dr. Björn Becker: Vielen Dank für dieses kurze Interview. Ich würde mich freuen, wenn wir uns heute in sechs Monaten wieder treffen und dann ein wieder ein Interview führen würden - dann aber mit vertauschten Rollen.