Entwicklung der kardiologischen Zuchtuntersuchung beim Hund in Deutschland

Dr. Jan-Gerd Kresken, 1. Vorsitzender des Collegium Cardiologicum e.V.

Das Collegium Cardiologicum e.V.

Ziel ist eine Qualitätssicherung im Hinblick auf die Diagnostik erblich bedingter Herzerkrankungen bei Hund und Katze als eine Säule des Verbraucherschutzes. Erbliche Herzerkrankungen stehen im Fokus beim Collegium Cardiologicum e.V. (CC). Ziel ist es, diese Erkrankungen standardisiert und qualifiziert untersuchen zu können. „Dieses Vorgehen sichert einen kardiologischen Untersuchungsstandard, der für die Erstellung von Gutachten zum Vorliegen erblich bedingter Herzerkrankungen notwendig ist. Dazu sind eine einheitliche und nachvollziehbare Befunderfassung bei den kardiologischen Zuchtuntersuchungen und eine Überprüfung der fachlichen Voraussetzungen der Untersucher zu gewährleisten. Um diesen Standard dauerhaft sicherzustellen, bedarf es einer permanenten Fortbildung der Mitglieder und einer regelmäßigen Anpassung der Untersuchungsverfahren auf Basis der jeweils aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse. Dies gewährleistet dann die Möglichkeit, die Ergebnisse von Herzuntersuchungen für wissenschaftliche oder rein statistische Zwecke auszuwerten. Nur wenn die Daten einheitlich erhoben wurden, sind sie nachvollziehbar und miteinander vergleichbar“

Wie alles begann...

Am 21. August 1999 wurde die Arbeitsgruppe Kardiologie als Teil der damaligen DVG Fachgruppe Kleintiere auf Einladung von Dr. Ralf Tobias in Hannover gegründet. Schon zwei Jahre zuvor hatten sich die ersten kardiologisch interessierten Tierärzte in einer Gruppe zusammengefunden, um dem Wunsch des Boxerklubs nachzukommen, ihre Zuchthunde auf angeborene Herzerkrankungen zu untersuchen. Die sogenannte „Boxerstudie“ war der Startschuss für kardiologische Zuchtuntersuchungen in Deutschland. Parallel dazu entstanden weitere Untersucherlisten für die kardiologischen Zuchtuntersuchungen bei Irish Wolfhounds und Neufundländern. Ausgewählt wurden die zugelassenen tierärztlichen Untersucher von den Zuchtvereinen. Die Auswahlkriterien für die Mitgliedschaft zu dieser Gruppe waren unbekannt. Es gab daher keine transparenten Zugangskriterien und es bestand kein Zugriff der Tierärzte auf die Zulassung zur Untersuchergruppe.

Zu dieser Zeit gab es in der deutschen Hundezucht unter dem Dach des VDH e.V. bereits etablierte Untersuchergruppen in zwei Gesellschaften (Hohenheimer Kreis/GRSK und DOK e.V.) zur Untersuchung von Skelett- und Augenerkrankungen. Diese Gesellschaften wurden mit Unterstützung des VDH e.V. gegründet, um Mindeststandards für tierärztliche Untersuchungen auf zuchtrelevante Erkrankungen zu definieren. Eine notwendige Maßnahme, um den Verbraucherschutz zu verbessern. Es bestand also Handlungsbedarf.

Ziel ist eine Qualitätssicherung im Hinblick auf die Diagnostik erblich bedingter Herzerkrankungen bei Hund und Katze als eine Säule des Verbraucherschutzes."

Dr. Jan-Gerd Kresken, 1. Vorsitzender des Collegium Cardiologicum e.V.

In der Zeit von 1999 bis 2003 gab es keinen einheitlichen kardiologischen Untersuchungsgang oder Standard und die personelle Zusammensetzung der Untersuchergruppen wurde immer unübersichtlicher. Es ist also nicht verwunderlich, dass es in dieser Zeit immer häufiger zu größeren Schwierigkeiten mit Züchtern und deren Rechtsanwälten wegen uneinheitlicher Ergebnisermittlung und Differenzen bezüglich Zweitmeinungen von Herzuntersuchungen kam. Dieser Missstand wurde vom VDH e.V. mehrfach an die Arbeitsgruppe Kardiologie der DVG e.V. herangetragen, mit der eindringlichen Bitte, eine Organisation zu gründen, die klare Zugangskriterien für Untersucher erarbeitet und eine Qualitätssicherung bei der Herzuntersuchung sicherstellt. Der Beschluss einer Vereinsgründung erfolgte daraufhin im Rahmen einer Arbeitssitzung der Fachgruppe Kardiologie am 19. Februar 2000 an der JLU in Gießen.

Die erste gegründete Vereinigung war die Gesellschaft für Kleintierkardiologie (GVK), die schon nach kurzer Zeit wieder aufgelöst wurde. Die von der GVK e.V. festgelegten Auswahl- und Zugangskriterien, fanden unter den kardiologisch tätigen Tierärzten zu dem Zeitpunkt keinerlei Akzeptanz. Trotz dieses ersten Rückschlags wurde das Ziel der Gründung einer allgemein akzeptierten Gesellschaft weiter vorangetrieben. Im Jahr 2003 wurde es dann konkret. Zum Zeitpunkt der Welthundeausstellung am 23. Mai erfolgte in Dortmund die Gründung des Collegium Cardiologicum e.V. Zu den acht Gründungsmitgliedern des Vereins gehören Dr. Rolf Brahm (Vorsitzender Dortmunder Kreises - DOK), Dr. Helga Eichelberg (Vorsitzende Gesellschaft zur Förderung Kynologischer Forschung e.V. (gkf) und Vorsitzende wissenschaftlicher Beirat VDH e.V.), Dr. Heinrich Grußendorf (Vizepräsident des Bundesverbands Praktizierender Tierärzte e.V. (BpT)), Dr. Klaus-Peter Vick (Vorsitzender Fachgruppe Kleintiere der DVG) und von Seiten der Kardiologen Dr. Ralph Wendt, Dr. Michael Deinert, Dr. Martin Janthur und Dr. Jan-Gerd Kresken. Durch diese allgemein akzeptierte personelle Konstellation wurde dem CC e.V. eine in der Kleintiermedizin gut vernetzte Struktur als Basis für eine erfolgreiche Zukunft gegeben.

Das Collegium Cardiologicum hat seitdem einen ständigen Sitz im wissenschaftlichen Beirat des VDH e.V., wie auch die GRSK e.V. und der DOK e.V. Zudem sind dort Repräsentanten der deutschen Veterinärfakultäten und weitere Spezialisten verschiedener Fachrichtungen vertreten (Genetik, Dermatologie, Kynologie, Verhaltensforschung und Tierschutz). Die Basis der Zusammenarbeit ist der fachliche Austausch und die Beratung über medizinische Sachfragen, die aus den Zuchtvereinen des VDH an den wissenschaftlichen Beirat herangetragen werden.

Im Jahr 2021 zählt das Collegium Cardiologicum 47 Untersucher. Drei Kollegen sind in den Niederlanden ansässig, drei in Österreich und eine Kollegin in der Schweiz. Zusammen bilden diese eine Untersuchergruppe, die zuchtrelevante Herzuntersuchungen mit einheitlicher Befunderhebung und Klassifizierung anbietet. Um diese zu standardisieren, war es zunächst nötig, einen Standarduntersuchungsgang einer kardiologischen Untersuchung zu definieren. In der Literatur gab es zu dem Zeitpunkt (wie auch heute noch) allein für die Bestimmung der Kammerinnendurchmesser, Wandstärken und Herzleistung viele verschiedene Messebenen und Auswertungen. Aus diesen Vorlagen hat eine Kommission des CC e.V. in jahrelanger fachlicher Abwägung einen nationalen Untersuchungsgang inklusive Auswertungsschema für kardiologische Zuchtuntersuchungen definiert und 2012 publiziert:

The standardized cardiac examination of the dog with centralized entry and collection of the data of the Collegium Cardiologicum (CC) (registered association) - M. Deinert et al. Tierärztliche Praxis Kleintiere 04/2012; 40 (K): 283-289

Weltgrößte Datenbank

Die erhobenen Untersuchungsergebnisse der Tiere werden vom jeweiligen Untersucher in eine webbasierte Datenbank (CC-data-base) eingepflegt. Mittlerweile sind hier die Ergebnisse von 21.000 kardiologischen Untersuchungen hinterlegt und bildet somit die weltgrößte Datenbank zu Herzerkrankungen der Hunderassen. Um diese auch der Wissenschaft und der Allgemeinheit zugänglich zu machen, hat das CC bereits bei seiner Gründung die Auswertung der Ergebnisse zur Förderung der kynologischen Forschung verpflichtend in der Satzung festgeschrieben.

In den letzten Jahren wurden viele Erhebungen, sog. Pilotstudien, für verschiedene Rassen (Boxer, Irish Wolfhound, Cavalier King Charles Spaniels, PON, Frz. Bulldoggen, etc.) erfolgreich durchgeführt und den jeweiligen Vereinen präsentiert. Gerade abgeschlossen ist die Pilotstudie bei der Dt. Dogge, bei der eine repräsentative Anzahl zur Zucht anstehender Hunde untersucht wurde, um die Prävalenz der dilatativen Kardiomyopathie in der dt. Population zu ermitteln. In der laufenden Erhebung befinden sich: Schwarzwildbracken, Dalmatiner und Frz. Bulldoggen.

Zudem fördert das CC e.V. Dissertationen, die sich z.B. mit der Auswertung der vereinseigenen Datenbank beschäftigen, aus eigenen finanziellen Mitteln. Diese Gelder speisen sich aus den Mitgliedsbeiträgen der Untersucher, Überschüssen aus Prüfungsgebühren und Gewinnen durchgeführter Fortbildungsveranstaltungen. Ganz im Sinne einer „non profit“ Gesellschaft und der eigenen Satzung verpflichtet, werden die Gelder für wissenschaftliche Forschung verwendet:

Left ventricular M-mode prediction intervals in 7651 dogs: Population-wide and selected breed-specific values - Esser L. et al. J. Vet Intern. med 2020 Vol 34 Iss 6 ; 2242-2252

Effect of Body Weight on Echocardiographic Measurements in 19,866 Pure-Bred Cats with or without Heart Disease - J. Vet Intern Med. 2016 Vol 30 Iss 5 1601 – 1611 Häggström et al.

Untersucher des Collegium Cardiologicum waren auch an den bekannten Studien (QUEST, VALVE, EPIC, HAMLET) zu Diagnostik und Therapiemanagement der degenerativen Mitralklappenerkrankung beim Hund beteiligt.